Michael Ondaatje (Text) und Serge Bloch (Illustrationen)

Jasper braucht einen Job

Ein wahrhaft tolles Heft aus der gleichnamigen Reihe der Büchergilde - mit Jasper liegt nun schon das 47. vor.

Es sind 32 Seiten geballte Farbe und sprühender Text, es ist fadengeheftet und es liegt ein Poster bei.

Also ein Schmankerl für die bibliophilen Leser - für den Ondaatje-Fan sowieso.

 

Jasper, das ist ein Dobermann, der von einem ehemaligen Profiringer spazieren geführt werden muss, weil anscheinend nur ein solcher "mit ihm fertig wird."

Jasper ist teuer: sein Herrchen Mr. Cletus rechnet mal alles zusammen: Futter, Tierarzt, Medikamente etc pp - er kommt auf die immense Summe von 900 Dollar. Zu viel für einen einfachen Lehrer, der sich entscheiden muss: bezahle ich meinen beiden Kinder das Internat, oder halte ich einen Dobermann?

 

Ganz zufällig bekommt Jasper eine große Chance.

Das Schülertheater möchte George Bernard Shaws  

"Caesar und Cleopatra" aufführen. Darin kommt zwar kein Hund vor, aber Jasper "sieht ein bisschen aus wie ein

Schakal, wie der ägyptische Gott Anubis. Und er hält sich immer nur in der Nähe von Cleopatra auf."

 

Zwar bringt diese Tätigkeit kein Geld ein - Ruhm dafür um so mehr. Die Zuschauer sind begeistert, kein Schauspieler bekommt so viel Applaus wie Jasper. Er wird von allen mit Leckereien verwöhnt, er verbeugt sich vollendet, lästig ist eigentlich nur, dass er quasi an Cleopatra klebt. Auch dann, wenn er gar nicht auf der Bühne sein sollte und die Akteure intime und komplizierte Dialoge führen.

Außerdem führen die vielen Steaks, Stampfkartoffeln mit Knoblauch und so weiter zu heftigen Blähungen, die, wenn es arg schlimm ist, Caesar seine Reden abkürzen lässt und von der Bühne vertreiben. Vom Winde verweht, sozusagen.

 

Das Büchlein bietet auf jeder Doppelseite eine andere Szenerie: das Innere des Hauses der Familie Cletus (sehr konventionell, Hausfrau mit Schürzchen), die jungen Leute von der Schule in Robe und Hut, Jasper auf der Bühne und wie er sich zum Mann von Welt entwickelt, der wütende

Mr. Cletus, der von den Vorstellungen ausgeschlossen werden muss (Jasper verlässt immer die Bühne wenn er sein Herrchen entdeckt), Caesar und Cleopatra in Aktion, Jasper Hof haltend hinter der Bühne oder im Café, und dann Jasper, als die acht Vorstellungen vorbei sind und der Hund vergeblich an der Tür zum Theater kratzt und deprimiert in einem Sessel sitzt - er kann einem wirklich leid tun, der Star, der nun kein Engagement mehr hat.

Aber Mr. Cletus hat eine vortreffliche Idee - vielleicht lässt sich mit dieser sogar Geld verdienen?

 

Schwarze Tuschezeichnungen, unterlegt mit Braun, Blau und Pink, fangen eine kleinbürgerliche Welt ein, aus der ein Star hervorgeht. Aus einem Haustier wird ein Alpha-Tier.

 

Ein absoluter Blickfang ist das Poster: Jasper auf der Bühne, angetan mit einer römischen Rüstung, ausgestattet mit Kurzschwert, ägyptischem Kopfschmuck und mit strahlendem Lächeln. Er scheint die Inkarnation aller Beteiligter zu sein: er ist Caesar und Cleopatra und Jasper in einer Person. Und damit das alles nicht zuviel wird, hat er auch noch einen Ventilator dabei...

 

Der lakonische Stil Ondaatjes zusammen mit den listigen und humorvollen Illustrationen Blochs ergeben eine hinreißende Melange, die nicht nur von der Beziehung zwischen Mensch und Hund erzählt.

Die groteske Geschichte handelt von den kleinen und

großen Sorgen und Träumen aller, die auf der Bühne

des Lebens stehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Michael Ondaatje und Serge Bloch: Jasper braucht einen Job

Übersetzt von Anna Leube

Die Tollen Hefte, Büchergilde Gutenberg/Edition Büchergilde, 2017, 32 Seiten mit Poster

(Erstveröffentlichung)