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Oktober 2025
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Martina Berscheid:
Fremder Champagner
In fünfzehn phantasievollen, ausgefeil-ten und schnörkellosen Erzählungen erkundet Martina Berscheid das Feld menschlicher Beziehungen. Ob es sich um Paare, Geschwister oder Eltern und Kinder handelt: es wird geschwiegen, es herrschen Gleichgültigkeit oder Eifersucht. Die Autorin richtet ihren genauen Blick auf die Gefühle und Gedanken ihrer Figuren, mit Empathie und ohne sie wie Insekten unters Mikroskop zu legen. Niemand wird hier entblößt - er zeigt sich in seinen Handlungen.
Nino Haratischwili (Text) &
Julia B. Nowikowa (Illustration): Löwenherzen
Anhand der Weltreise eines Plüsch-löwen erzählt Nino Haratischwili von den so unterschiedlichen Kindheiten auf verschiedenen Kontinenten. Auf wundersame Weise kehrt der Löwe am Ende seiner Reise zurück zu Anand, einem achtjährigen Jungen, der ihn in Bangladesch genäht hat. Die Geschichten, die kongenial von Julia B. Nowikowa illustriert wurden, erzählen von Hoffnungen, Traurigkeit und Angst, von Mangel und Überfluss, von Mut und Lebens-freude, vom phantastischen Reichtum der kindlichen Vorstellungskraft. Und sie erzählen auch vom Egoismus der Erwachsenen, die längst nicht mehr nach den Werten leben, von denen sie sprechen. Sie könnten kein "Löwenherzen-ehrenwort" mehr geben, die Kinder schon. Sie wissen noch, was Freundschaft, was Solidarität ist. Ein hoffnungsvolles Buch für Leser:innen ab acht Jahren, trotz all der brisanten Themen, die hier angeschnitten werden.
Ion Postolache: Raureif -
Erinnerungen aus Moldau
Ion Postolaches Erinnerungen umfassen das gesamte 20. Jahr-hundert. 1918 geboren, blickt er zurück bis zu seinen Großeltern, Bauern wie auch seine Eltern. Er selbst kämpfte im Krieg für verschiedene Armeen, heiratete, hatte drei Kinder, arbeitete als Veterinär - und war, wie alle Moldauer, Spielball der Geschichte. Sein persönliches Leben reflektiert er in den Geschehnissen der Zeit und macht so auf jeder Seite deutlich, dass es nicht möglich ist, ein privates Leben zu führen, das außerhalb des Zugriffs der jeweiligen Machthaber liegt. Solche Erinnerun-gen sind wertvolle Ergänzungen und Korrekturen der offiziellen Geschichtsschreibung, sie erzählen von den Nöten derer, die regiert werden.
Charlotte Mew:
Einige Arten zu lieben
Charlotte Mews (1869-1928) Erzählungen überraschen durch eine extreme Vielfalt an Stil, Ton, Inhalt.
Sie schreibt über die Liebe, über Machtstrukturen, über den Einbruch des Phantastischen in das reale Leben, sie personalisiert die Natur oder inszeniert sie als Universalkraft. Sie rückt Liebe und Tod nah zueinander, dabei ist der Tod kein Schreckgespenst, das sind eher Möchtegernkünstler oder besitzergreifende Ehemänner. Manche Erzählungen klingen wie Märchen, jedoch in sehr eigenwilliger Auffassung, sie schreibt erfrischende und hintergründige Dialoge, sie versteht sich auf innige Natur-beschreibungen und auf feinste Darstellungen menschlicher Zustände und Regungen. Jede einzelne Geschichte ist eine Überraschung, birgt Rätselhaftes. Hier schreibt eine Frau, die sich nicht an konventionelle Logik oder Erzählvorgaben hält - hier schreibt eine Frau, die ganz und gar eigenständig agiert.
Gute Literatur
Meine Empfehlung