Illustrierte Bücher - Für Erwachsene, für Kinder, für Alle

Lucia Zamolo: Und dann noch ... das andere Bein anheben! Wie Stress weniger stresst - fast ohne toxic Tipps!

Lucia Zamolo beschäftigt sich in diesem Buch mit dem allgegen-wärtigen Phänomen Stress auf verschiedenen Ebenen. Was ist Stress physisch/wissenschaftlich? Welchen Einfluss haben die Erwartungen einer Leistungsgesellschaft? Wie wirkt sich der Druck langfristig auf den Einzelnen aus? Gibt es Strategien, sich wenigstens ein Stück weit herauszuziehen? Die griffigen und lebhaften Illustrationen verdeutlichen auf einer zweiten Ebene Inhalt und Aussagen, ein sympathisches Mädchen führt durch das komplexe Thema. Das umfassende Buch wendet sich an Leser:innen ab 14 Jahren, ein Gewinn ist es für Leser:innen jeden Alters.

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Annelies Beck (Text) & Hanneke Siemensma (Illustration): Gedanken denken

Nora hat viele Fragen, alle drehen sich darum, wie das mit den Gedanken und dem Denken funktioniert. Sind Gedanken immer da? Können sie verschwinden? Kann man sie wollen und festhalten? Die Antworten sind präzise, durch die feinen und ruhigen Illustrationen werden sie griffig und lebendig. Schön ist auch, dass darauf hingewiesen wird, dass aus Denken Tun werden kann, hier hilft ein Gedanke der nachdenklichen Nora über sich hinauszuwachsen. Das spielerisch-leichte Buch nimmt die junge Fragestellerin ernst und führt tief in ein komplexes Thema ein.

Für alle Leser:innen ab vier Jahren ein Gedicht!

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Julia Schlosser:

Der unendliche Wald

Das märchenhafte Bilderbuch, das von starken schwarz-weiß-Kontrasten lebt, erzählt vom kleinen Fuchs, er erleben muss, wie "riesige, zornige Hände" die Erde aufreißen. Er muss fliehen, doch wohin? Gibt es den unendlichen Wald noch? Wissen die weisen Wölfe, wo er ist? Das Buch regt ein Gespräch über den Lebensraum Wald und dessen Bedrohung an, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, aber konsequent aus der Sicht eines kleinen Waldbewohners, der seinen Bau verloren hat.

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Alfonsina Storni: Ultrafantasía

Die Gedichte Alfonsina Stornis sind echte Abenteuer. Sie sprühen vor Fantasie, "Ultrafantasie", zugleich sind sie fest in der Realität verankert. Wie auch in ihrer Prosa widmet sie sich dem Leben der Frau im Patriarchat, ihren Erfahrungen als ledige Mutter. Aber sie reflektiert auch ihr Sein als Dichterin und als Liebende. Häufig verwoben mit Bildern der Natur, manchmal ironisch, manchmal traurig, immer mit klarem Blick. Sie kann frech sein, weich oder kantig, sie hat eine ganz eigene Stimme, der zu lauschen man nicht müde wird. 

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Ralph Roger Glöckler: Kinderdämmerung - Gedichte aus fünfzig Jahren

Diese umfangreiche Gesamtschau auf das dichterisches Werk Ralph Roger Glöcklers versammelt eine Auswahl aus verschiedenen, seit 1968 erschienenen Werken, sowie unveröffentlichte und späte/ undatierte Gedichte. Hier lässt sich der Weg des Dichters nachver-folgen, die Entwicklungen der Themen und des Tones, der Formgebung und der Haltung. Die Gedichte legen Zeugnis ab von Reisen ins Ich, in die Welt, in die Worte. Sie sind klar, auf das Wesentliche reduziert, es gibt keine Abschweifungen. Ein jedes Gedicht ist ein für sich stehendes ästhetisches Werk und zugleich verbinden sie sich zu einer Gesamtkomposition. Je öfter man sie liest, desto stärker klingen sie. 

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Arno Tauriinen & Max P. Häring:

Goldgefasste Finsternis

Der Roman ist "Ein Luftschloss in Prosa", so der Untertitel. Er ist ein barockes Welttheater auf verschiedenen Bühnen, opulent, assoziativ und schwebend illustriert von Max P. Häring. Er beginnt vor Beginn der Zeit, er endet in einer unbestimmten Zeit, diese wurde angehalten. Der Schauplatz ist "W.", unverkennbar Wien, eine Stadt, die von Luciver persönlich geschaffen wurde. Er wollte damit seinem Vater Gott imponieren, doch der ist alt, griesgrämig und mit nichts zufrieden. Es treten Künstler, Psychoanalytiker, Beamte, Kleriker und viele viele andere auf, sie alle sind so real wie irreal - diese Kategorien sind sowieso nichts als Rauch! Dieser schillernde Roman wurde aus einem Konvolut an Zetteln extrahiert, er ist ein Sprachwunder, das seines-gleichen sucht. Man kann nichts als staunen, sich wundern, sich hineinziehen lassen in diese große Maschinerie namens Leben.

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Julie Morstad: Zeit ist eine Blume

Julie Morstads wunderschönes Bilderbuch für Lesende jeden Alters umkreist ein schwer zu fassendes Phänomen auf sehr poetische Weise. Was ist die Zeit? Worin zeigt sie sich? Wohin geht sie? Uhren, Blumen und Bäume, Kieselsteine und Haare, Fotos und Erinnerun-gen, Sonnenstrahlen und Lieder und noch viele weitere `Dinge´ erscheinen und vergehen, kommen wieder. Ist die Zeit eine Linie oder ein Kreis? Sicher ist: Sie wohnt auch in den Menschen drin. Was sie auf alle Fälle ist: Ein Abenteuer. Die klaren, pointierten und in ihrer Stimmung sehr unterschiedlichen Zeichnungen symbolisieren das Werden und Vergehen, sie sind nachdenklich, bewegt, lustig. Ein abwechslungsreiches Buch, das viel Spaß macht.

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Jürgen Banscherus (Text) & Franziska Neubert (Illustration): Aber Luise!

Luise ist ein äußerst tollpatschiges Kind, eigentlich geht alles, was sie macht, schief. Zu Land, zu Wasser und sogar im Universum sorgt sie für ziemlichen Aufruhr. Dorthin gelangt sie, nachdem sie die Finger nicht vom Startknopf einer Rakete lassen konnte, als sie mit ihren Eltern eine Raketenstation besucht. Aber Luise ist nicht nur tollpatschig, sie ist auch toll. Mit Mut, Gewitztheit und einem Jungen namens Luis setzt sie diesmal die richtigen Hebel in Bewegung. Die Illustrationen gestaltete Franziska Neubert mit Holzschnitten. Kräftige Farben, bewegte Bilder und lebhafte Gesichter spiegeln das Universum Luises. Und so viel auch schief gehen mag, am Ende geht es doch immer gut aus. Für Lesende jeden Alters - viele, nicht nur Kinder, werden sich in der liebenswürdigen Figur wiederfinden.

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Andrea Grosso Ciponte (Illustration) &

Dacia Palmerino (Textadaption):

Schloss Otranto

Nach Horace Walpoles Roman

Mit seinem 1764 erschienenen Roman begründete Horace Walpole die neue Gattung des Schauerromans. Das Künstlerduo Andrea Grosso Ciponte (Illustration) und Dacia Palmerino, die den Text adaptierte, fängt in der Graphic Novel die düstere Atmosphäre der Geschichte meisterhaft ein. Es geht um Macht, Missbrauch, Gier und Gewalt, um die Mächte der Finsternis, um Unerklärliches und Ängste, denen man nicht entfliehen kann. Konzentrierte Texte im Stil des Originals im Verein mit den von starken Hell-Dunkel-Kontrasten lebenden Bildern reflektieren den Geist dieses im Mittelalter spielenden Romans und den der Schwarzen Romantik sehr treffend. Diese Graphic Novel holt einen alten Text ins Heute.

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Wilhelm Hauff (Text) & Christian Sobeck (Illustration): Das kalte Herz -

Ein Märchen aus dem Schwarzwald

Das berühmte Märchen Wilhelm Hauffs aus dem Jahr 1828 wird in dieser Ausgabe wunderbar in Szene gesetzt. Der junge Designer und Illustrator Christian Sobeck hat mit zartem, aber entschlossenem und plastischem Strich den Weg des Helden Peter Munk begleitet und dem Werk damit eine weitere Dimension verliehen. Man könnte das Märchen auf Gut gegen Böse reduzieren, doch es ist viel mehr: Es geht um das Menschsein und um das Mysterium Wald, das verdeutlichen die Bilder überklar.

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Andrea Grosso Ciponte (Illustration) & Dacia Palmerino (Textadaption):

Der Untergang des Hauses Usher - 

Nach Edgar Allan Poes Kurzgeschichte

In dieser Graphic Novel wird die Schauergeschichte Edgar Allan Poes aus dem Jahr 1839 mit modernen Mitteln zeitgemäß in Szene gesetzt.

Sie erzählt von Urängsten, vom Kampf gegen mächtige Triebe und der Schwäche des Menschen mit Bildern, die an Filme erinnern, die zwischen überscharf und verschattet changieren. Die Gothic Novel stellt das Grauen und die Qualen des Ich-Erzählers wie auch die des letzten männlichen Sprosses des Hauses Usher und dessen Schwester eindrucksvoll dar. Wahres Kopfkino.

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Sarah Knausenberger (Text) &

Elke Ehninger (Illustration):

Die Wildmohnfrau

Der spontane Entschluss ihrer Mutter, auf eine Kontaktanzeige zu reagieren, verändert das Leben der fünfjährigen Mia komplett. Die beiden verlassen alles, was Mias Welt war, in der neuen, sich ständig verändernden, muss sie sich zurecht finden. Viele Wechsel, Einsamkeit und Zweifel, aber auch Freundschaft, glückliche Zufälle und gemeisterte Krisen bestimmen von nun an Mias Leben. Sie findet schließlich eine Heimat in den Worten, aus dem Kind ist eine junge Frau geworden, die ihre Aufgabe gefunden hat. Für alle LeserInnen ab zwölf Jahren.

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Willi Weitzel (Text) & Verena Wugeditsch (Illustration):

Der Frieden ist ausgebrochen

Als im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine ausbricht, fragt eine kleine Tochter ihren Vater, was das ist: Krieg. Er erklärt ihr zunächst, was Frieden ist, um dann zu erzählen, was diesen zerstört. Und am Ende nennt er auch eine Möglichkeit, wie er wieder hergestellt werden kann: mit Reden! Ein komplexes Thema so einfach wie möglich zu erklären, so lautet das Credo des Autors und Journalisten, dessen Geschichte eindrücklich von Verena Wugeditsch illustriert wurde. Ihre Bilder ermöglichen über den Text hinaus einen unmittelbaren Zugang für Zuhörende/Betrachtende ab drei Jahren.  

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Katrin Hofer Weber (Text) &

Tatjana Mai-Wyss (Illustration):

Anna mag Oma und Oma mag Äpfel

Annas Oma lebt nicht mehr in ihrem schönen Haus, sie lebt nun in einem Seniorenheim. Und sie ist irgendwie seltsam geworden, manchmal richtig gemein. Annas Eltern erklären ihr feinfühlig, dass die Oma an Demenz leidet und was das bedeutet. Das Buch mit den harmonischen Illustrationen hilft, die von dieser Krankheit Betroffenen besser zu verstehen und zeigt einen Weg auf, trotzdem miteinander in Kontakt zu kommen. Anna hat nämlich eine schöne Idee - sie funktioniert und erfreut Anna und Oma.

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Judith Auer (Illustrationen) &

Luca Tortolini (Text):

Der Spaziergang des Herrn Momo

Der Gewohnheitsmensch Herr Momo, ein feiner Herr mit Hut und Spazierstock, macht jeden Tag einen Spaziergang durch den Park und die Stadt. Sein Leben könnte langweilig sein, doch er erfreut sich an allem, was ihm begegnet - und er ist bereit, fliegen zu lernen! Die wunderbar zarten und harmonischen Buntstiftzeichnungen Judith Auers  setzen die poetische Geschichte Luca Tortolinis mit Phantasie und einem Augenzwinkern um. Das Buch beflügelt und bezaubert, es lenkt den Blick auf die kleine Welt um uns herum und auch in den Himmel.

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Lucia Jay von Seldeneck (Text) & Florian Weiß (Illustration):

Berge - 35 Geschichten zwischen unten und oben

35 vielfältige Geschichten aus unterschiedlichen Perspektiven, begleitet von Sachtexten, Steckbriefen, weiterführenden Lesetipps und nicht zuletzt den wunderbaren Illustrationen, machen dieses Buch zu einer informativen und beflügelnden Reise in die Berge. Es ist nicht nur für BergsteigerInnen ein Schatzkästchen, es erzählt Natur- und Kulturgeschichte(n), Mythen und Träume und versucht die Frage, was die Berge so faszinierend macht, zu beantworten. Das handliche Format passt zudem in jeden Rucksack - hier wurde an alles gedacht.

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Sonja Danowski:

Nachts im Traum

Ein traumhaft schönes Buch über nächtliche Fantasiereisen in eine magische Natur oder ins Spiel. Unternommen von Kindern, die den Lärm des Tages hinter sich gelassen haben und in einen Dialog mit einer Welt treten, die lebendig wird, wenn innerer Frieden einkehrt. Die unglaublich ruhigen und harmoni-schen Bilder werden ergänzt durch moderne Haikus, sie regen die Fabulierfreude der BetrachterInnen an, geben der Geschichte, die sich fortspinnen lässt, einen Schubs.

Das Buch lässt keine Wünsche offen, es ist schön und klug, und es befördert den Frieden auf dieser Welt.

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Leonora Leitl: Kaiserschmarrn -

Mein genialer Sommer mit Ziege

Der neunjährige Arthur erlebt den Sommer seines Lebens. Er freundet sich nicht nur mit der forschen Fanny und ihrem Bruder an, er lernt, dass es Schamanen und sprechende Ziegen gibt und dass man Ideen braucht, um streitende Väter zur Vernunft zu bringen. Rasant und mit Fabulierfreude erzählt, voller Wendungen und Phantasie ist dieser Mix aus Alltag und modernem Märchen eine vergnügliche Lektüre für Kinder und Erwachsene.

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E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann

Neu erzählt von Anna Kindermann, illustriert von Dorota Wünsch

Dieses neue Buch in der Reihe "Weltliteratur für Kinder" widmet sich einem der bedeutendsten Werke der Romantik. Der von einem ominösen Sandmann in den Grundfesten seines Seins er-schütterte Nathanael, seine Liebe zu Clara und die zu Olimpia, seine Versuche, Phantasie und Realität zu trennen, die Umgebung, in der Nathanael lebt,

all das ist stimmig und eindrucksvoll von der Illustratorin Dorota Wünsch in Szene gesetzt. Sie folgt der Nacherzählung Anna Kindermanns, die eine kindgerechte Sprache findet, ohne sich zu weit vom Stil des Originals zu entfernen.

Es ist ein fesselndes, auf den Kern der 1816 erschienenen Erzählung konzentriertes Buch entstanden, eine gelungene Hommage an den Dichter  E.T.A. Hoffmann, anlässlich dessen 200. Todestages am 25. Juni 2022.

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Hédi Fried (Text) & Stina Wirsén (Illustration): Die Geschichte von Bodri

Die Geschichte Bodris, eines großen weichen Hundes, ist auch die Geschichte Hédis, Livias und ihrer Eltern, die von den Nationalsozialisten nach Auschwitz und Bergen-Belsen deportiert wurden. Das von Stina Wirsén ausdrucksstark illustrierte Buch ist eine behutsame Einführung in ein schwieriges Thema für Kinder ab acht Jahren, dabei sollten sie von Erwachsenen unterstützt werden. Hédi Fried erzählt ihre Geschichte ohne Anklage, aber sie wird Fragen aufwerfen. Denn für Hédi und Livia ist es gut ausgegangen, dafür sorgte auch die Kraft, die Bodri den Mädchen gab, aber für viele andere ging es das nicht. Die Erinnerung in Büchern zu bewahren mit wird dem Sterben der letzten Zeitzeugen immer wichtiger, dieses Bilderbuch ist eine wichtige Neuerscheinung.  

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Otto Tausig: Kasperl, Kummerl, Jud -

Eine Lebensgeschichte, aufgezeichnet von Inge Fasan

Der Schauspieler und Regisseur, Dramatiker und Komiker Otto Tausig, 1922-2011, erzählt seine Lebensge-schichte, über die man immer wieder nur staunen kann. Reich an Tiefen, aus denen er sich mit unerschütterlichem Humor  herausarbeitet, reich an Bemühen, durch Kunst und Bildung, durch Tat und auch Geldspenden die Welt besser zu machen, beeindruckt der Menschenfreund durch seinen Willen und seine Sprachkunst. Er erzählt unterhaltsam, lebendig, völlig uneitel und fesselnd, er ist im besten Sinne belehrend, ein Vorbild als Schauspieler und Mensch. Das Geschenk zum 100. Geburtstag des Mandelbaum Verlags an seinen Autor, die Neuauflage seines Buches, ist zudem mit Abbildungen angereichert, mit einem Vorwort versehen und, wie immer bei diesem Verlag, schön und hochwertig gestaltet.

Ganz ganz große Empfehlung!

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Somerville & Ross: Durch Connemara

Mit dem Eselskarren in Irland

Zwei Schriftstellerinnen, die ihre Werke stets gemeinsam verfassen und so erfolgreich sind, dass sie von ihrem Schreiben leben können, reisen 1890 durch das westirische Connemara.

Ihr Zugtier ist eine Eselin, die in ihrer Eigenwilligkeit den beiden Damen in nichts nachsteht, so dass alleine die Fahrt an sich ein Abenteuer ist.

Das Besondere sind jedoch die Begegnungen mit den verschiedensten Menschen, meist wird von diesen in Zusammenhang mit ihren Häusern erzählt. Das gibt den Autorinnen zugleich Gelegenheit, den geschichtlichen Hintergrund mit einzuflechten, was aus dem Reisebericht eine umfassende Reflexion über Land und Leute ohne jeden pittoresken Kitsch macht. Dem kritisch-ironischen Blick der beiden Reisenden entgeht absolut nichts, ihre Darstellung des Landes und seiner Bewohner ist von Sympathie getragen. Was für eine Reise!

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Ralph Roger Glöckler:

Luzifers Patenkind

Der amerikanische Maler Marsden Hartley, 1877-1943, ist in dieser Novelle zu einer "Kunstfigur" stilisiert, sie ist eine "auf Fakten basierende Fiktion". Der Autor nähert sich Schicht um Schicht dem Menschen und dem Künstler, zeichnet seine Entwicklung nach, sein Ringen um seine wahre Bestimmung (Kunst oder Glaube?), seine Sehnsucht nach Liebe, Hingabe und Auflösung. Beginnend 1912 in Paris, endend 1923 in Florenz spielt die Novelle klar in ihrer Zeit, der Raum ihres Denkens geht weit darüber hinaus.

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Lucia Zamolo:

Jeden Tag Spaghetti - Wie es sich anfühlt von hier zu sein, aber irgendwie auch nicht

Mit persönlichen Erlebnissen und sachlichen Informationen erzählt Lucia Zamolo von einem Thema, das viel weiträumiger ist, als auf den ersten Blick betrachtet: dem Alltagsrassismus. In wie vielen Kleidern er sich zeigt, wie er sich auch in Komplimenten versteckt kann, dass "Mikroaggressionen" wie Mückenstiche wirken: klein, in der Summe aber quälend. Sie erzählt von Partys, Spaghettikochen, von Schubladendenken oder rassistischen Denkmustern. Und das alles ohne Anklage, aber mit der Bitte um Nachdenken. Die zauber-haften Illustrationen, ebenfalls aus der Feder Lucia Zamolos, begleiten, verdeutlichen und vertiefen den Text, der eine profunde Einführung in ein komplexes Thema ist. Für LeserInnen ab 9 Jahren, geeignet als Schullektüre und für alle, die wachsen wollen.

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Anita Sansone Cotti (Text,

nach Adalbert Stifter) & 

Maja Dusíková (Illustration): Bergkristall - Der Heilige Abend

Anita Sansone Cotti erzählt die berühmte Novelle Adalbert Stifters aus dem Jahr 1845 für Kinder ab drei Jahren nach. Sie konzentriert sich dabei ganz auf die beiden Hauptpersonen Konrad und Sanna, Kinder, deren Eltern aus verschiedenen Dörfern stammen, die nicht nur durch einen Berg getrennt sind. War die Mutter im Dorf des Vaters immer eine Fremde geblieben und auch die Kinder nicht als Einheimische angesehen, ändert sich dies erst mit einer dramatischen Nacht und Suche nach Konrad und Sanna in den Bergen. Diese Suche überwindet das Trennende der Dörfer und der Menschen. Maja Dusíkovás Illustrationen holen die Erzählung in eine märchenhafte Welt, in eine, die auch die Jüngsten schon verstehen. Ein schönes Buch, nicht nur für Weihnachten.

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Nikolaj Gogol & Edgar Sánchez (Illustrationen): 

Tagebuch eines Wahnsinnigen

Nikolaj Gogols Klassiker, die tragische Geschichte des Ich-Erzählers, eines einfachen Titularrats, der sich für den König von Spanien hält, liegt mit dieser  Ausgabe in neuer Form vor.

Der Illustrator Edgar Sánchez gestaltete den Band aus der heuer gestarteten Reihe "Bagatellen", in der Studenten der Buchgestaltung kanonische Texte zu Gesamtkunstwerken erweitern.

Die Erzählung erhält durch die bildnerische Kraft der scherenschnittartigen Darstellungen zusätzliche Tiefe, sie nehmen die Phantasien des Helden auf, abstrahieren und konzentrieren zugleich die Gedanken des in seiner eigenen Welt versinkenden Mannes. Ein gelungenes Debüt des jungen Künstlers!

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 Nina Dobrot & Sarah Knausenberger (Texte) und Corinna Chaumeny &

Elke Ehninger (Collagen): 

Wenn ich Flügel hätte

Fliegen, auf und davon, was wird zurückgelassen? Was kann unterwegs alles passieren? Und am Ende kommt ein auch nicht ungefährliches Unterfangen: die Landung. In vier Kapiteln, in Gedichten, Kurzprosa und zauberhaften Illustrationen widmet sich das Autorinnenquartett all den Fragen, die um Unabhängigkeit und Freiheit kreisen. Nachdenklich, ermutigend, voller Sehnsucht, aber ohne Kitsch ist das Buch, ein gelungenes Gesamtkunstwerk, ein Buch, das garantiert irgendwann etwas zerfleddert sein wird vom häufigen in-die-Hand-nehmen.

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A.E. Hotchner: Die erstaunlichen Abenteuer des Aaron Broom

Der zwölfjährige Aaron steht nach der Verhaftung seines Vaters vor einem Berg an Problemen. Die Mutter ist in einem Lungensanatorium, die Familie von der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre schwer gebeutelt, und er weiß, dass er die Unschuld des Vaters beweisen muss, um diesen frei zu bekommen.

Mit unglaublichem Mut, mit Schlauheit beim "Detektivieren", mit Hilfe von Freunden und Fremden, mit viel Glück und dem unerschütterlichen Glauben, es zu schaffen, gelingt ihm das schier Unmögliche. Der sympathische Held, der an Tom Sawyer und dessen literarische `Kollegen´ erinnert, erlebt ein spannendes Abenteuer das ihn reifen lässt, ihm zugleich aber ein Stück Kindheit zurückbringt. Eine schöne und spannende Geschichte für LeserInnen ab 10 Jahren, weder kitschig noch seicht, dafür sehr hoffnungsvoll.

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Christine Schulz-Reiss &

Paolo Friz: Leonardo da Vinci

Christine Schulz-Reiss gibt mit ihrem Band "Leonardo da Vinci" in der Reihe "Kinder entdecken berühmte Leute" einen umfassende Sicht auf

den Menschen, den Künstler und die Zeit des Genies. Sie zeichnet seine Entwicklung nach, betont seine grenzenlose Neugier, seinen eigenwilligen Charakter, seine Lust am Spott und dem Brechen von Regeln.

Die Illustrationen in altmeisterlicher Manier evozieren die Welt der Renaissance und vertiefen so den Eindruck des informativen Textes.  Ein rundum gelungenes Werk über einen der spannendsten Menschen aller Zeiten.

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Alfonsina Storni: Chicas - Kleines für die Frau

                                      Cuca - Geschichten

Die beiden Bände der argentinischen Autorin Alfonsina Stroni, 1892-1938, versammeln Kolumnen, Erzählungen, Aphorismen, Reisenotizen und literaturkritische Artikel.

Ihr Hauptaugenmerk gilt in allen Texten der Rolle und Stellung der Frau. Ihr dezidiert feministischer Blick geht einher mit Herzenswärme, Ironie und Poesie. Sie ist ein Verführerin zum Denken und Lieben, eine versierte, präzise beobachtende Schriftstellerin, für die Raffinesse und Aufklärung keine sich ausschließenden Gegensätze sind.

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Anna Nerkagi: Weiße Rentierflechte

Die unerfüllte Liebe Aljoschkas zu Ilne, die nicht aus der Stadt in ihr Dorf, zu ihrer Familie, zum traditionellen Leben der Nenzen zurückkehrte, ist der Kern dieses Buches. Darüber hinaus ist der Roman ein poetischer und seelenvoller Blick auf das sibirische Nomadenvolk, dessen Leben mit der Natur und in der Gemeinschaft sich seit Jahrtausenden wenig veränderte. Nun hält die Moderne Einzug und mit ihr der Wunsch nach Individualität. Die Glückssuche Aljoschkas reflektiert diesen Konflikt, er ist nicht die einzige tragische Figur in diesem sprachlich wie kompositorisch überzeugen-den Roman.

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Jonathan Drori (Texte) und

Lucille Clerc (Illustrationen):

In 80 Pflanzen um die Welt

Dieses Buch über sowohl weit verbreitete als auch sehr außergewöhn-liche Pflanzen ist ein intellektueller und ästhetischer Hochgenuss. Drori stellt die Bedeutung der von ihm ausgewählten Gewächse für die Kultur des Menschen dar, von Aspekten wie Nahrung oder Baustoff bis hin zu ihrem Platz in Religion und Medizin. Darüber hinaus erzählt er auf unterhaltsame Art Geschichten, Anekdoten und Kuriositäten, er verbindet Wissenschaft und Wunder, weckt Respekt wie Faszination. Die Illustrationen Lucille Clercs sind bezaubernd, sie unterstreichen und umschmeicheln die 80 Essays und machen aus dem Buch ein Gesamtkunstwerk, das man sehr oft in die Hand nehmen wird.

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Julius Thesing: You don´t look gay

Der Autor und Illustrator Julius Thesing widmet sich dem Thema der Homosexualität und Homo-phobie auf mehreren Ebenen: Zahlen und Fakten, Zitate wichtiger Zeitgenossen, die Stimmungen und Strömungen verdeutlichen und seinen eigenen Erfahrungen.

Mit prägnanten Bildern und eben solchen Texten findet er einen guten Weg zwischen der persönlichen und der gesellschaftlichen Ebene. Er verdeut-licht, wie tief Homophobie im Alltag verankert ist, wie konservativ manche Anschauungen auch aufgeschlossener Menschen sind, wie gewagt immer noch ein Coming-Out ist. Das Buch ist eine Aufklärungsschrift, eine Aufforderung zum Nachdenken, ein Verweis auf Vielfalt, Selbstbestimmung und Menschenrechte. Es ist für alle ab 12 und ich kann es nur heftigst empfehlen!

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Kristin Dimitrova:

Wenn du ankommst, ruf mich an

21 Erzählungen aus den Jahren 2004-17 versammelt dieser Band, der neueste der Bulgarischen Reihe des Verlages ink-press. Die Helden sind Menschen, die sich irgendwie durchschlagen, die man als Leser achten, verachten oder bemitleiden kann - gleichgültig lassen sie einen nicht. Kristin Dimitrova beherrscht die Kunst des doppelbödigen Erzählens, der völlig überraschenden Enden, die sogleich neue Fragen aufwerfen. Sie spielt mit verschiedenen Realitäten und wie die Menschen diesen begegnen - die Erzählungen sind sehr vielfältig, ihnen gemein ist eine gewisse Surrealität, die den Alltag konstruiert. Sehr interessant und lesenswert!

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Tom Krausz (Fotografien), Texte von Elke Heidenreich & Urs Heinz Aerni: Aves - Vögel - Charakterköpfe

65 eindrucksvolle Vogelporträts in Schwarz-Weiß, die "Charakterköpfe" zeigen. Ergänzt werden die außer-gewöhnlichen Fotografien durch vielfältige Texte von Elke Heidenreich und Urs Heinz Aerni, die nicht nur auf die Besonderheiten der Tiere eingehen, sondern auch auf die Menschen, die mit ihnen zu tun haben. Die Tiere variieren von neugierig, skeptisch, zurückhaltend oder traurig, die Texte von lehrreich, nachdenklich, poetisch, bis ironisch und auch anekdotisch - und noch viel mehr. Kaum einmal kann man den flüchtigen Tieren so in aller Ruhe ins Gesicht, ins Auge schauen wie hier. Schon deshalb ist der opulente Bildband etwas ganz Besonderes. 

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Lucia Jay von Seldeneck (Text) & Florian Weiß (Illustration): Logbuch. Schiffe, die Legenden wurden

In 27 Kurzgeschichten wird von Schiffslegenden erzählt, aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Es berichten einfache Matrosen, Jungen,

die kühne Träume haben, Architekten, über deren Gebäude Luftschiffe fliegen, mutige Kapitäne oder eine Frau, die ihr normales Leben verlässt und an Bord eines Segelschiffes aufbricht ins Unbekannte und viele mehr. Die Geschichten sind erfunden, aber nicht unwahrscheinlich, sie zeigen auf vielfältige Weise die ungebrochene Faszination der Schiff-fahrt und des Meeres. Illustriert wurden sie mit wunder-schönen, phantasievollen und plastischen Darstellungen in Grautönen, angefertigt mit einer eigens dafür gebauten Punktiermaschine. Steckbriefe der Schiffe runden das Werk ab, das die LeserInnen mitnimmt in unbekannte Gefilde.

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Malin Neumann: Trolle, Wichtel, Pixies und Waldwesen aus aller Welt

Eine Weltreise zu den unterschied-lichsten Waldbewohnern, die, egal, wie furchterregend sie manchmal aussehen, höchstens Schabernack treiben, aber nicht böse sind. Mit feinen und ausdrucksstarken Bildern fasziniert dieses Buch LeserInnen ab 5 Jahren - und vermittelt sehr klar die Botschaft: der Wald ist bedroht, er kann sich nicht wehren - "Sei gut zu ihm".  Das Buch ist eine Aufforderung, den Wald als lebendigen Organismus zu erkennen und Freundschaft mit ihm zu schließen - ohne Pathos, mit viel Phantasie.

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Marie Desplechin und Serge Bloch:

Die Bären aus der Rue de l´Ours

Der Illustrator Serge Bloch hat zusammen mit der Autorin Marie Desplechin seine Familiengeschichte verschriftlicht. Bild und Text ergänzen sich kongenial, beide sind leicht und feinsinnig, sehr charmant und machen große Freude. Mittelpunkt der Mischpoche war die koschere Metzgerei in der Bärenstraße im Elsässischen Colmar. In diesen kleinen Ort waren nach dem  Krieg nur wenige Juden zurückgekehrt, doch die Synagoge existierte noch, die Kinder wuchsen als Teil der Gemeinde auf. Prägend waren aber vor allem die so ganz unterschiedlichen Familienmitglieder, die eines einte: eine freigeistige Haltung. Serge Bloch macht die LeserInnen mit diesem Familienporträt zugleich mit Besonderheiten einer Welt vertraut, die "heute nicht mehr existiert". 

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Stefan Zweig: Der Zwang

Stefan Zweigs Geschichte aus dem Jahr 1920 von Zwang und Wille, Mut und Feigheit stellt den Maler Ferdinand in den Mittelpunkt. Er ist mit seiner Frau Paula in die Schweiz gegangen, um sich der Einberufung zum deutschen Militär zu entziehen. Doch die Macht der Kriegstreiber reicht über die Grenzen des Landes hinaus - Ferdinand muss sich entscheiden, ob er sich widersetzt oder der amtlichen Aufforderung zur Musterung folgt. Paula repräsentiert die Stimme der Freiheit und Menschlichkeit und erinnert Ferdinand an die Wahlmöglichkeit jeden Individuums. 

Die zeitlose Erzählung wird kongenial ergänzt durch Holzschnitte Frans Masereels, mit dem Stefan Zweig der Kampf gegen Krieg und Ungerechtigkeit und auch eine tiefe Freundschaft verband. Bild und Text ergänzen sich und bringen die Aussage der Geschichte voll zur Geltung.

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Brüder Grimm & Gabriel Pacheco (Illustrationen):

Die Bremer Stadtmusikanten

Das wohlbekannte Märchen von den vier Musikern, die mit ihrem Höllenlärm eine Räuberbande aus ihrem Haus im Wald vertreiben und sich selbst einquartieren, wurde neu illustriert von Gabriel Pacheco. Dieser betont mit den reduzierten, sehr harmonischen und zugleich ausdrucks-starken Bildern die menschliche Ebene des Märchens, das als eine Parabel auf die Armen und Ausgemusterten gelesen werden kann. Schließlich sollten die vier Tiere totgeschlagen, ersäuft oder geköpft werden als ihre Arbeitskraft nachließ - doch mit Mut und List, mit Kampfgeist und Zusammenhalt kämpfen sie für ihr Leben und ihre Freiheit. 

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Judith Auer: Ein Stück Käse

Die bekannte Fabel vom Raben, der auf den Schmeichler Fuchs hereinfällt und sein Stück Käse an diesen verliert, hat mit diesem Bilderbuch eine klare, moderne, überzeugende Neuinterpretation erfahren. Mit reduzierten Bildern lenkt Judith Auer, die auch den Text geschrieben hat, auf das Wesentliche. Das Hüte-dich-vor-Schmeichlern kommt ganz leichtfüßig beim Betrachter an, die luftigen Bilder lassen Raum für klare Gedanken - es ist ein gelungenes erstes Werk der Illustratorin und Geschichtenerzählerin.

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Etel Adnan: Wir wurden kosmisch

Vor mehr als fünfzig Jahren entstand das Gedicht "Ein Trauermarsch für den ersten Kosmonauten", geschrieben nach dem tödlichen Flugzeugabsturz Juri Gagarins, sieben Jahre nach seinem Flug um die Erde. Er war der erste Mensch im All gewesen und hat damit das Unmögliche möglich gemacht, sein Flug wurde zu einer Zeitenwende, denn er veränderte die Vorstellungen der Menschen von allem. Dem Gedicht stellen die Herausgeber Zeichnungen Etel Adnans nach einem Interview im Mai 2019 zur Seite, die sie nach jenem Gespräch, das ebenfalls in diesem Buch abgedruckt ist, angefertigt hat. Außerdem zieren Fotos von Raketenstarts das Buch - ein Verweis auf die harte Realität der Raumfahrt, ihrer politischen Komponente und ihrer konkreten Auswirkungen. Das Buch ist ein Gesamtkunstwerk, das die verschiedenen Ebenen von Zeit, Raum, Sprache, rationalem und spirituell-mystischem Denken zusammenbringt. Das Buch "öffnet ein Fenster", eine Erfahrung, die, so Etel Adnan, die Kunst ermöglichen kann.

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Joseph Roth: Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht

Eine nächtliche Bar im Paris der 1930er Jahre, besucht von russischen Emigranten. Rückblickend auf das vorrevolutionäre Russland erzählt einer von ihnen, Golubtschik, seine Lebensgeschichte, die ihn nach Paris geführt hat. Nicht als Flüchtling, sondern als Angehöriger der Geheimpolizei, der die Flüchtlinge aushorcht. Er legt sich eine falsche Identität zu, nimmt den Namen an, der ihm sowieso zusteht: Fürst Krapotkin. Er ist dessen Sohn, wurde aber nie anerkannt, eine ewige Quelle des Hasses und des Wunsches nach Rache. Golubtschik lebt das Leben eines bösen Schurken, verrät und wird verraten, verstrickt sich in Lügen - Wer oder was bin ich? - muss er sich fragen. Diese Ausgabe des Klassikers wird bereichert von fünfzig Illustrationen des Künstlers Klaus Waschk, die der Geschichte eine weitere Dimension verleihen. Sie reflektieren die Gefühle der Figuren, zeigen

die Brutalität der Macht und befördern die Phantasie der LeserInnen - eine wunderbare Ausgabe eines außer-gewöhnlichen Romans.  

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Selma Lagerlöf / Roberta Bergmann: Herrn Arnes Schatz

Die junge Elsalill ist die einzige Über-lebende eines grausamen Verbrechens, bei dem neun Menschen ermordet wurden. Ausgehend von einer wahren Begebenheit aus dem 16. Jahrhundert entwickelt die Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf eine Schauergeschichte mit eindeutiger moralischer Botschaft: begangenes Unrecht muss gesühnt werden. Das weiß auch Elsalill, die gezwungen ist, schwierigste Entscheidungen zu treffen. Sie meint dafür verantwortlich zu sein, dass ihre tote Schwester Ruhe finden kann...

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Linda Wolfsgruber & Jorge Luján: Der Garten der Formen

Die Poesie der Geometrie - dargestellt in vielfältigen Bildern von Linda Wolfsgruber, in Worte gefasst von Jorge Luján. Zusammen ergeben Bilder und Gedichte eine phantasievolle Reise in einen magischen Garten der Formen, in dem sich aus einfachen Grundelementen eine phantastische Welt zusammensetzt. Die zauberhaften Gedichte weisen auf die Geheimnisse, die das scheinbar Bekannte in sich trägt hin und geben dem Offensichtlichen eine unerwartete Wendung. Sie sind leicht, großzügig, einladend. Die Bilder greifen manche Gedanken der Texte auf, entwickeln aber auch eine eigene, freie Formensprache und ein interessantes Farbenspiel - dieser Garten ist ein Gedicht!

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Nadine Olonetzky: Belichtungen

Dieses sehr persönliche Buch versammelt 55 Texte und 25 Bilder Nadine Olonetzkys. Diese entstanden durch Licht und Zeit: auf Papier gelegte Fundstücke wurden der Sonne überlassen, das Papier vergilbte, die Gegenstände blieben als Schattenrisse erhalten. Sie sind eine Art Zeitspeicher, eine Sammlung vieler Augenblicke, Zeugnisse der Vergangenheit - oder der Gegenwärtigkeit? Nadine Olonetzky umkreist die Themen Zeit, Erinnerungen, Wirklichkeit. Sie stellt Fragen, versucht Antworten in Gedichten und Bildern. Das ungewöhnliche und sehr sorgfältig edierte Buch schenkt dem Leser das eingefangene Licht, die eingesammelte Zeit. Es ist ein Zeugnis der Geduld und der Reife, es ist eine Freude, es in den Händen zu halten.

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Rapunzel: Brüder Grimm /

Francesca Dell´Orto (Illustration)

Francesca Dell´Orto erzählt das klassische Märchen mit naturalistisch-feinen, zugleich mythisch anmutenden Bildern, inszeniert wie ein Theaterstück. Mit Symbolen, Farbschattierungen, Garten- oder Waldlandschaften, Interieurs, Blicken hinein und hinaus stellt sie das  Drama der Unglücklichen dar, die am Ende von ihrem Leid erlöst werden. Wunderbar große Panoramaseiten laden zum ausführlichen Betrachten, Verweilen und Träumen ein, die Illustratorin schafft Räume für die Phantasie.

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Alexander von Humboldt: Tierleben

Der geniale Wissenschaftler und Vordenker, Dichter und Reisende Alexander von Humboldt (1769-1859) hinterließ ein fast unüberschaubar riesiges Werk an Naturbeobachtungen. Ein Teil davon - die "Tierleben" - war nach einer Publikation zu Lebzeiten Humboldts bisher nicht mehr öffentlich zugänglich. Nun liegen fünfzehn Texte über Tiere, ergänzt durch Abbildungen, Anmerkungen und ein erläuterndes und erhellendes Nachwort, in einer wunderbar sorgfältig edierten Ausgabe vor, Chapeau!

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Heinrich von Kleist (Text) &

Hanna Jung (Illustrationen):

Über das Marionettentheater

Heinrich von Kleists berühmte Erzählung über Unschuld, Bewusstsein und Anmut, wunderbar in Szene gesetzt von

der Illustratorin Hanna Jung - dieses Bilderbuch für Erwachsene ist ein Dialog zwischen Wort und Bild, der über die Jahrhunderte hinweg eine grundsätzliche Frage der Menschheit stellt:

gibt es eine Möglichkeit, noch einmal vom Baum der Erkenntnis zu essen, quasi durch die Hintertür zurück ins Paradies zu gelangen?

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Stefan Zweig: Buchmendel /

Die unsichtbare Sammlung

Zwei Novellen aus Kriegs- und Nachkriegszeiten, als die Welt sich wandelt und zur "neuen Zeit" wird.

Ein Sammler, der nicht weiß, dass er auf leeres Papier schaut und ein Buchhändler mit einem "dämonisch unfehlbaren" Gedächtnis sind die Protagonisten, die von dieser neuen Zeit betrogen werden. 

Die Erzählungen sind nicht nur illustriert, viel eher trifft zu,

dass sie durch die Zeichnungen dramatisiert und in ihrer Tiefenstruktur freigelegt werden. Das wunderschöne Buch, das nebst den Texten und Illustrationen über ein fundiertes Nachwort, ein Werkverzeichnis und den letzten Text

Stefan Zweigs verfügt, ist zudem auf feinstem Papier gedruckt und mit rotem Faden geheftet - das Buch lässt

keine Wünsche offen.

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Steffen Herbold (Text) &

Martin Burkhardt (Illustration):

Die stramme Helene

Helene führt ein trostloses Leben mit ihrem alkoholkranken Mann in einer düsteren Stadt der 1960er Jahre.

Die Folgen der Diktatur und des Krieges zeichnen noch immer die Städte und Menschen, und nur mit List kann sich Helene kleine Freuden erschleichen. Doch die reichen nicht aus, um die Brutalität ihres Mannes aufzuwiegen.

Text und Illustrationen fangen die bedrückende Atmosphäre der Zeit und der Situation Helenes ganz genau ein, die Geschichte ist eine Zeitreise, wie sie plastischer nicht sein könnte. Sie ist die Geschichte Helenes und weist beispielhaft über dieses einzelne Leben hinaus und veranschaulicht die Situation vieler Frauen in dieser Epoche.

Der strammen Helene kommt ganz überraschend das Schicksal zur Hilfe, vielleicht kann aus der Raupe doch noch ein Schmetterling werden?

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Die Schöne und das Biest

Das berühmte Märchen von der gutherzigen jüngsten Tochter, die sich in die Freundlichkeit, den Humor, das Wissen und die Erzähl-kunst eines Ungeheuers verliebt und dieses mit ihrer Liebe und einem Kuss in einen "hübschen Prinzen" verwandelt, wird in dieser Ausgabe des Bohem Verlags wunderbar dargestellt. Die feinen, ausdrucksstarken Illustrationen im surrealistischen Stil betonen zugleich die Stärke und die Fragilität der Liebe, sie spiegeln und veran-schaulichen mit ihrer Farbgebung und den alten Symbolen den Geist des Märchens. Ein erlesenes Gesamtkunstwerk für alle Menschen ab fünf Jahren.

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It´s Raining Elephants: Marta und Ich

Marta zeichnet immer und überall.

Einmal malt sie einen Löwen, der zu einem guten Freund wird, nachdem er aus dem Bild heraus ins richtige Leben getreten ist. Die beiden erleben wilde (Zimmer)Abenteuer, befahren das Meer, spielen Verstecke im dichtesten Dschungel. Sie spielen, tanzen, streiten und vertragen sich wieder. Die Bilder sind in allen möglichen Variationen von ganz zart bis sehr bunt und expressiv gestaltet. Die beiden Helden haben auf jedem Bild einen anderen Gesichtsausdruck, die Ausstattung der Räume korrespondiert mit dem Geschehen in der Geschichte.

Das Autoren-Duo It´s Raining Elephants schüttet ein ganzes Füllhorn an Gefühlen aus, der Leser bzw Betrachter durch-schifft eine weite Welt an Farben, Formen und Ereignissen, kann in die Geschichte eintauchen, aus ihr auftauchen, weiterschwimmen- und fliegen, er wird bei jedem Mal etwas Neues entdecken. Ein Freudengesang auf die Freundschaft und die Freiheit ist dieses vielfältige, ereignisreiche Buch,

das man mehr als einmal lesen wird. Versprochen.

Für alle Menschen ab fünf Jahren.

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Benita Roth (Text) &

Gino Alberti (Illustrationen):

Im Wunderwald mit Georg Baselitz

Text und Illustration führen ganz locker und ohne pädagogischen Anstrich in das Werk von Georg Baselitz ein. Angefangen beim jungen Maler, der seine eigenen Träume und Ideen verfolgt, anstatt auf seine Lehrer zu hören, und deshalb im hohen Bogen rausfliegt.  Doch er ist beharrlich und lässt seine Fantasie nicht einzäumen. Schließlich bringt er seine Idee, einfach mal alles andersrum zu malen, aufs Papier - und die Zuschauerwelt steht Kopf! Die vielen Bewegungen und Gefühle, die die Entwicklung zum gefeierten Maler begleiten, sind wunderbar in Szene gesetzt von Gino Albert, Text und Bild ergänzen sich vortrefflich und veranschaulichen die Realisierung eines Traumes.

Was für ein schönes Geburtstagsgeschenk für den Maler!

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Nan Shepherd: Der lebende Berg

Dieses fast in Vergessenheit geratene Buch ist eine der bedeutendsten Naturschilderungen des 20. Jahrhunderts. Nan Shepherd durchstreift das Berg-massiv der Cairngorms im Nordosten Schottlands bei jeder Jahreszeit, bei Tag und bei Nacht. Tausende Kilometer legt sie zurück und entdeckt bei jedem Schritt Neues. In der Natur um sich herum oder in sich selbst.

Stets sucht sie nach der Verbindung zwischen dem Außen und ihrem Inneren, die Bergwelt mit ihren spektakulären oder völlig unscheinbaren Erscheinungen eröffnet ihr Blicke in die eigene Seele. Präzise Beschreibungen, philosophische Überlegungen, ein Verweben des Kleinsten mit dem großen Ganzen in einer poetischen Sprache ohne jeden Hang zur Überheblichkeit zeichnet Shepherds Werk aus.

Es ist ein schmales Büchlein, das den Eindruck eines Riesenwerkes zurücklässt.

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H.G. Wells (Text) & Nicole Riegert (Illustration): Die Insel des Dr. Moreau

Der Schiffbrüchige Edward Prendick strandet im Südpazifik auf einer Insel, auf der ein biologisches Experiment stattfindet. Der aus London stammende Dr. Moreau versucht dort, Tiere zu Menschen "umzugestalten."

Prendick wird Zeuge von schmerz-haften Operationen, er erlebt die Geschöpfe, die ihm eher Karikaturen des Menschen zu sein scheinen als Menschen mit Verstand, Gefühl und Schönheit, inmitten einer undurchdringlichen und phantastischen Natur. Dr. Moreau regiert sein "Tiervolk" mit Gesetzen und mit Religion, er lässt sich verehren wie ein Gott. Doch sein Experiment gerät außer Kontrolle und er wird Opfer seiner Hybris. Wells Roman, 1896 erschienen, gehört in die Reihe des englischen Schauerromans, mit allen Finessen der Kunst kreiert er eine Geschichte, die gekonnt mit der Angstlust des Lesers spielt. Diese wird verstärkt von den ausdrucksstarken Holzschnitten Nicole Riegerts, die diese Ausgabe trefflich illustriert hat. Sie geben der Geschichte eine weitere Dimension, eine eindrucksvolle Tiefe. Ein bedenkens- und betrachtenswertes Buch.

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Lukas Hartmann: Die wilde Sophie

Aus Angst, seinem Sohn Jan könne etwas zustoßen, umgibt König Ferdinand den Prinzen mit aberwitzigen Sicherheitsmaßnahmen. Sie sind so ausgefeilt, dass Jan schließlich wie ein Gefangener im Schloss lebt, der nicht einmal auf den Hof darf. Das kann die wilde Sophie, nicht länger ertragen. Sie setzt alles daran, den blassen Jungen zu befreien. Mit Mut, List, Intelligenz, Phantasie, Glück und Magie führt sie den kompletten Hofstaat, einschließlich sämtlicher Wachen und Soldaten an der Nase herum. Wie im Märchen üblich, gibt es Rückschläge, doch das Gute gewinnt. In sehr schönem, poetischem und märchenhaftem Ton erzählt Hartmann die Geschichte für Kinder ab neun Jahren, die auch erwachsene Leser beeindruckt.

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Klaas Verplancke:

Magritte und sein Apfel

Der Künstler Verplancke nähert sich dem surrealistischen Maler Magritte, und begleitet ihn auf seinem Weg von den ersten Anfängen bis zur Meisterschaft. 

Er erläutert bildlich, wie der Surrealist die Welt im Detail naturalistisch darstellt, die einzelnen Teile aber so zusammensetzt, dass eine neue Welt entsteht. Eine Welt, in der Unmögliches möglich wird, Alltägliches verfremdet und im neuen Kleid erscheint.

In der alte Seh- und Denkweisen aufgebrochen und hinterfragt werden. Verplancke verfügt über Sachverstand und Phantasie, er geht zart und zugleich ausdrucksstark vor,

er führt den Betrachter ein in eine Welt, in der andere Regeln gelten als in der "normalen". Diese war nach dem Ersten Weltkrieg aus den Angeln gehoben. Die Surrealisten wollten der alten Welt eine neue entgegensetzten.

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Yi Meng Wu: Yaotaos Zeichen

Die kleine Lucie findet auf dem Dachboden ihrer Großeltern einen alten Koffer. Kaum geöffnet, entflattern diesem chinesische Schriftzeichen -

ob der Koffer wohl ihrem Urgroßvater Yaotao gehört hat, der als junger Mann nach Lyon kam?

Die Zeichen nehmen Lucie mit auf eine Reise in die Vergangenheit und erzählen von Yaotao, seiner Frau Laurence, dem Sohn Francois-Hua, ihrem Leben in Lyon und dem in Peking, wohin die junge Familie zog, als es Yaotaos altem Vater sehr schlecht ging. Die Zeichen erzählen vom chinesisch-japanischen Krieg, der Rückkehr nach Frankreich 1940, das sich ebenfalls im Krieg befindet und den Schwierigkeiten, in den Alltag (zurück) zu finden.

Die Geschichte einer doppelten Emigration, das Leben in zwei Kulturen, das zutiefst menschliche Suchen nach Liebe unabhängig von jeder Kultur - dies sind die Themen des Buches, das auf zwei Arten erzählt wird. Einmal in Worten und ein weiteres Mal in Bildern.

Mit den aufwendig gestalteten Collagen erzählt Yi Meng Wu ebenso eindringlich von Aufbruch und Ankommen, Exil und Heimat, Trauer und Hoffnung. Das Buch bietet damit zwei Ebenen, auf der eine doppelte Geschichte erlebt werden kann, das ist etwas ganz Besonderes.

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Franziska Walther: Hoch hinaus

Erasmus lebt in einem Wald im Norden.

Er weiß aber, dass es mehr auf der Welt gibt als Fichten - und bricht auf in die Weite. Er überwindet Berge, Seen, Wälder und kommt schließlich in eine große Stadt. Seine Neugier bringt ihn in eine sehr schwierige, ausweglos erscheinende Situation, doch Mut und Phantasie retten ihn. Das Bilderbuch kommt ohne Worte aus, die darf der Betrachter selbst wählen. Es ist eine wunderbare Vorlage für alle, die gerne erfinden und entwickeln, vielleicht zu zweit oder in einer  Gruppe. Die bunten Bilder, der freundliche Elch und die phantastische Lösung eines Problems werden alle beflügeln und die Gedanken und Gespräche zu diesem Buch hoch hinaus tragen.

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Ernst Jandl - Ian Hamilton Finlay:

not / a concrete pot - Briefwechsel

Ernst Jandl - Ian Hamilton Finlay:

not / a concrete pot - Briefwechsel

Der hier erstmals publizierte Briefwechsel gibt Einblick in die Werkstatt zweier Dichter, beide Vertreter der Konkreten Poesie.

Sie tauschen sich sehr vertraut über Persönliches, die Schwierigkeiten des Veröffentlichens und Verlegens, die gesundheitlichen und finanziellen Malaisen aus - und über Fragen der Poesie. Was kann Konkrete Poesie, woran bemisst sich der ästhetische Wert eines Kunstwerkes? 

Beide suchen und ringen, mit sich selbst, der Poesie, dem Leben. Der Briefwechsel ist "Zeuge eines poetologischen und poetischen Gesprächs", dargelegt in einem sehr schön gestalteten Buch mit vielen Abbildungen.

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Wolfgang Herrndorf: Tschick

Zwei Vierzehnjährige wollen mit einem geklauten Lada von Berlin aus in die Walachei fahren. Sie kommen nicht ganz so weit, erleben aber den Sommer ihres Lebens. Sie lernen Menschen kennen, von denen sie nie gedacht hätten, dass es solche Menschen gibt, sie lernen ein ihnen völlig neues Deutschland kennen, sie erleben großartige Natur und tiefe Freundschaft. Die Ausgabe der Edition Büchergilde wurde von Laura Olschok mit feinen, die bedeutsamsten Momente der Erzählung einfangenden Zeichnungen illustriert. Sie geben dem Roman, der längst ein Bestseller ist, neue Tiefe und Anschaulichkeit und sind eine wunderbare Ergänzung dieses außergewöhnlichen Buches.

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Amy Novesky und Isabelle Arsenault: Lied für Louise

Leben und Entwicklung der Bildhauerin und Installations-künstlerin Louise Bourgeois werden in diesem wunderbaren Bildband, bei dem Text und Illustrationen aus einem Guss sind, in Szene gesetzt.

Vor allem ihrer Kindheit am Fluss und in der Textilwerkstatt ihrer Eltern wird viel Raum gegeben, waren diese doch der Boden, auf dem ihr ganzes Schaffen wuchs. Die Liebe zu ihrer Mutter, die Louise wie eine Zauberin erscheint, wird zur Antriebskraft der künstlerischen Auseinandersetzung. Einfühlsam und genau beschreiben und "bezeichnen" die Autorinnen die äußere und innere Entwicklung Louises.

Geeignet ist das Buch für Kinder ab acht, es empfiehlt sich, die jungen Leser bei der Lektüre zu begleiten, da Fragen auftauchen dürften und vielleicht auch der Wunsch entsteht, selbst zu Nadel, Faden, Stoff oder Draht zu greifen...

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Graham Greene & Annika Siems:

Der dritte Mann

Wien, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, die Stadt ist unter den Alliierten aufgeteilt. Dorthin kommt Rollo Martins auf Einladung seines Freundes Harry Limes. Doch Martins kommt gerade rechtzeitig zur Beerdigung Harrys, er wurde überfahren. Martins kommen Zweifel, er vermutet einen Mord. Er spürt dem Vorfall nach und muss erfahren, dass Harry der Kopf einer Schieberbande war, die mit Penicillin sehr viel Geld verdiente. Es entwickelt sich eine spannende Kriminalgeschichte, die im Kern die Frage nach Gut und Böse stellt. Der gleichnamige Film von Carol Reed ist ein Klassiker, die Lektüre des Buches ist trotzdem sehr lohnenswert, da hier die erzählerische Tiefe besser erfasst werden kann. Außerdem bereichert Annika Siems die vorliegende Ausgabe mit ihren Tuschezeichnungen in Sepia und Schwarz, deren Licht- und Schattenspiele den Geist der Zeit und der Stadt wunderbar in Szene setzen.

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Bruce Chatwin:

Der Vizekönig von Ouidah

Dom Francisco da Silva wird Ende des 18. Jahrhunderts im Sertao (Brasilien) geboren. Das Schicksal verschlägt ihn nach Westafrika, wo er zum Sklavenhändler, reichsten Mann des Landes und Vizekönig aufsteigt. Sein Leben gleicht einer Achterbahnfahrt:

er stirbt bettelarm, noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts sucht seine riesige Familie nach Papieren, die den Reichtum zurückbringen sollen.

Chatwins Geschichte nimmt die Legende um Francisco zum Ausgangspunkt, er kreiert daraus einen überbordend phantasievollen, wortmächtigen, bunten und unglaublich lebhaften Roman. Das "Skelett" dafür entstand in Ouidah (dem heutigen Benin), wo Chatwin 1977 in einen Putsch geriet und verhaftet wurde. Er kehrte nie mehr nach Westafrika zurück, die Eindrücke waren jedoch gewaltig genug, um dieses "Werk der Imagination" zu schreiben.

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Rudyard Kipling: Über Bord

Der fünfzehnjährige Millionärssohn Harvey Cheyne stürzt von Bord eines Luxusliners und wird von einem Fischer gerettet.

Fünf Monate verbringt er auf dem Fischkutter und reift in dieser Zeit zu einem verantwortungsbewussten Menschen heran. Das verwöhnte Söhnchen lernt den Wert der Arbeit und des Geldes kennen. Dieser Abenteuer- Seefahrts- und Entwicklungsroman ist außerdem eine Sozialstudie und die genaue Beschreibung eines alten Handwerks: der Fischerei. Wunderbar illustriert und trefflich übersetzt ist das Buch ein Schmuckstück und Kleinod - man will es gar nicht mehr aus der Hand legen.

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Nelly Dix:

Die Geschichte vom weitgereisten kleinen Teufel Eitel

Aus allerhand Märchen und Sagen, sowie einer überbordenden Phantasie speist sich diese Geschichte, die die 13jährige Nelly für ihren Bruder Jan schrieb. Auch die Bilder malte sie selbst. Der Libelle Verlag hat daraus eine wunderbare bibliophile Ausgabe gemacht, die erste Veröffentlichung des Textes anlässlich der Wiedereröffnung des Dix-Hauses am Bodensee im Frühjahr 2013.

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E.T.A. Hoffmann und Kat Menschik:

Die Bergwerke zu Falun

Die Geschichte des jungen Elis Fröbom, der die Seefahrt aufgibt und Bergarbeiter wird, gehört zu den bekanntesten Erzählungen der Romantik. Elis begegnet nach einer Indienfahrt einem alten Bergmann,

der ihm sagt, er solle nach Falun gehen und im dortigen Bergwerk arbeiten,

das sei seine Bestimmung. Diese Aussage wird von einem eindringlichen Traum bekräftigt, Elis macht sich auf den Weg. Als er den Höllenschlund am Tageseingang sieht,

kehrt er fast um, doch die freundliche Aufnahme in die Gemeinschaft der Arbeiter, vor allem aber die schöne Ulla, bewirken, dass er bleibt. Begegnungen, Erlebnisse, Träume und Visionen unter Tage vermischen sich mit der Tagesrealität - Elis ist vielen unterschiedlichen Kräften ausgesetzt, Angst und Sehnsucht streiten in seiner Seele,

in manchen Augenblicken ist er dem Wahnsinn nahe.

Kat Menschik hat diese Neuausgabe mit eindringlichen und einprägsamen Bildern illustriert, die den Leser tief in die Geschichte hineinziehen. Sie spiegeln die Zerrissenheit

des Helden, setzen Glanzlichter auf einzelne Szenen, vertiefen den Geist und die Stimmung der Erzählung,

die zwischen Blutrot und Meerblau tiefe Einblicke in die menschliche Seele gewährt.

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Ilijas Shansugirow: Das Lied von Kulager

"Das Lied von Kulager" erzählt die Geschichte eines Pferdes, das von einem mächtigen Mann getötet wird, weil er es nicht besitzen kann. Die Parallele zur politischen Situation bei seinem Erscheinen in den 1930er Jahren in der Sowjetunion war sofort klar und kostete den Autor das Leben. Gert Heidenreich hat das Epos in deutscher Sprache nachgedichtet und dabei mit bilderreichen Versen die Handlung auf den Konflikt zwischen Akan Seri, dem Besitzer des Pferdes Kulager, und dem reichen, brutalen Batyrasch zugetrieben. Die beigelegte CD lässt eintauchen in die orale Tradition der kasachischen Literatur und vermittelt dadurch einen starken Eindruck von einer fremden Welt.

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Peter Waterhouse:

Die Auswandernden

Media ist mit ihrer achtjährigen Tochter nach Wien geflüchtet. Sie befindet sich im Asylverfahren, sie lernt die deutsche Sprache kennen. Flucht und Sprache sind die Themen des Buches, Waterhouse behandelt sie jedoch auf eine Weise, die einzigartig ist. Es wird keine klassische Geschichte erzählt, es wird das innere Leben von Worten beleuchtet und damit ins Innere des Menschen geblickt.

Die Lernende lehrt ihren Lehrer Linien zu erkennen, die ihm neu sind, sie lehrt ihn, Worte neu zu denken. Dies führt ihn zu dem Gedanken, ob "Literatur keine schreibende Kunst, sondern eine Kunst der Auswanderung" ist? Auswanderung als Aneignung, Verwandlung, Neubeginn, als Prozess, ist der Kernpunkt seiner Überlegungen, wunderbar in Szene

gesetzt werden sie von Nanne Meyer. Sie hat Zeichnungen angefertigt, die 58 Doppelseiten füllen und die Worte des Autors verdichten, vertiefen, dramatisieren.

Im Zusammenspiel von Wort und Bild ist so ein Buch entstanden, das sich allen Kategorisierungen entzieht.

Es ist ein wunderbar spielerisches Buch entstanden, frei nach dem Schillerschen Gedanken, dass der Mensch nur dort ganz Mensch ist, wo er spielt.

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Linda Wolfsgruber & Michael Stavaric: Als der Elsternkönig sein Weiß verlor

Eines Morgens ist der Elsternkönig plötzlich schwarz wie ein Rabe. Unruhe macht sich breit, das Volk vermutet, ihr König könnte ermordet und dieser schwarze Vogel ein Betrüger sein. Doch so ist es nicht. Es ist ihr alter König, der seine Güte verloren hat und nun, um die Gleichheit wieder herzustellen, alles Weiße aus seinem Land verbannt. Alle Federn, Salz und Milch, schließlich die Wolken, müssen schwarz gefärbt werden.

Drei Jahre macht das Volk mit, dann verjagt es den König. Der muss weit weit weg fliegen, um wieder zu sich selbst zu finden. Text und Illustration ergänzen sich wunderbar, die Vögel drücken mit ihrer Körperhaltung aus, was gerade mit Worten erzählt wird. Mit wenig Farbe werden Stimmungen aufgebaut, der Leser kann die Geschichte über mehr als eine Ebene aufnehmen.

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Ulrike Möltgen & Kilian Leypold: Wolfsbrot

"Wolfsbrot" nimmt die Urängste des "Rotkäppchen" auf. Hier ist es ein Junge, der im bitterkalten Winter der Nachkriegszeit alleine durch einen dunklen Wald zur Schule gehen muss. Zum Trost gibt ihm die Mutter ein schönes Wurstbrot mit. Im Wald kommt es zu unheimlichen, auch gefährlichen Begegnungen, die der Junge meistert: an diesem Tag wächst er über sich selbst hinaus. Mut und Mitgefühl besiegen seine Angst.

Die Illustrationen sind mehr als Bebilderung: sie erzählen die Geschichte auf eine andere Weise ebenso eindringlich und zeigen, dass Realität und Phantasie keine zwei getrennten Welten sind. Das Bilderbuch für Kinder ab acht Jahren und Erwachsene ist ein Buch, das auf ästhetisch sehr hohem Niveau Mut macht, ohne Ängste klein zu reden.

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Joshua Groß: Faunenschnitt

Frank, ein junger Schriftsteller, fährt zu seinem Verleger Bruno ins Salzkammergut. Dort lernt er nicht nur den Bootsverleiher Edward und die schöne Sofia kennen, er erlebt einen Flugzeugabsturz, der in Wirklichkeit eine Performance ist, er hilft, einen Einbruch aufzuklären und er zelebriert selbst einen symbolischen Akt der Überwindung von Postmoderne und Kapitalismus, indem er eine Kaffeemaschine (!) verbrennt. Frank, der seinen Beruf als das Bauen eines begehbaren Kaleidoskops beschreibt, könnte das Alter Ego Joshua Groß´ sein, der mit "Faunenschnitt" einen kaleidoskopischen Roman geschrieben hat, der Realitäten ganz neu zusammensetzt, mitunter zusammenschüttelt.

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Oyvind Torseter:

Der siebente Bruder oder

Das Herz im Marmeladenglas

Der jüngste Bruder zieht aus, um seine älteren Brüder zu befreien. Dazu muss er das Herz des Trolls finden und zerstören, nur dann kommen alle - das sind die Brüder und ihre Bräute - frei.  Mutig macht sich Hans mit seinem alten Klepper auf den Weg. Ausgestattet mit Mut, Verstand und Herz begibt er sich in große Gefahren, doch er ist so schlau, sich beizeiten Hilfe zu sichern und außerdem schlägt sein Herz für eine bezaubernde Prinzessin, die ihm sehr lässig

zur Seite steht. Die Geschichte hat alles, was ein gutes Märchen braucht, ist rasant erzählt und wunderbar gezeichnet. Text und Bild stammen aus einer Hand, Torseter hat eine ganz eigene und eigenwillige Farbgebung entwickelt, um die Stimmung der Geschichte zu transportieren.

Er schafft es auch, die Figuren selbst in großer Gefahr Ruhe bewahren zu lassen - vielleicht ist das das Geheimnis ihres Erfolges. Ein wunderbares Buch für Menschen ab 5 Jahren; jeder erwachsene (Vor)Leser wird ebenfalls seine Freude daran haben.

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Oren Lavie: Der Bär, der nicht da war

Der überaus sympathische Bär macht sich mit Hilfe eines Zettels und anderer freundlicher Waldbewohner auf die Suche nach sich selbst. Die Frage "Bist du ich?" lässt sich am Ende zweifelsfrei beantworten: "Ich hatte doch gleich das Gefühl, dass ich ich bin, ich fühlte mich vertraut." Wunderbar übersetzt von Harry Rowohlt und illustriert von Wolf Erlbruch ist das Buch eine köstliche Lektüre für alle Geschichten- und Bilderliebhaber sowie Wörtersammler ab fünf Jahren. 

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Michael Ondaatje und Serge Bloch:

Jasper braucht einen Job

Jasper, ein Dobermann, ist teuer.

Ein Job wäre prima, doch was könnte

er machen? Unverhofft bekommt

er ein Engagement bei einer Theaterproduktion des Stückes

"Caesar und Cleopatra" von G.B. Shaw. Jasper macht seine Sache gut, das Publikum liebt ihn, er wird zum Star. Leser/Zuschauer verfolgen seine Entwicklung vom Haustier zum Alphatier - und wie er am Ende einen ganz anderen Job bekommt. Einen weniger glamourösen, doch vielleicht einen mit Gehalt? Das 47. der "Tollen Hefte" , dem auch ein Poster beiliegt, ist eine geballte Ladung an Farbe, die beredten Illustrationen Blochs unterstreichen den lakonischen Stil Ondaatjes kongenial. Herausgekommen ist eine perfekt in Szene gesetzte Geschichte, die nicht nur das Verhältnis von Mensch und Hund beleuchtet, sondern auch die Sorgen und Träume aller, die auf der Bühne des Lebens stehen.

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Mark Twain:

Bummel durch Deutschland

Eine geistreichere, witzigere und brillantere Reisebeschreibung gibt es nicht. Heidelberg, Neckartal und Schwarzwald inspirierten den Meister der Ironie zu unvergleichlich genau beobachteten Aufzeichnungen von Besonderheiten des Landes und seiner   Bewohner. 

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Jürg Schubiger/Wolf Erlbruch:

Zwei, die sich lieben

Ein Bilderbuch vom Suchen, Sehnen, Finden und Abschied-Nehmen. Schubigers Herz erwärmende Verse und die eindrucksvollen Illustrationen von Wolf Erlbruch machen diesen optimistischen Gedichtband über die Liebe zu einem Kleinod für Kinder und Erwachsene. Nicht nur im Frühling. 

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