Eva Demski - Gartengeschichten

 

 

In unseren gemäßigten Breiten, auf mageren Böden, ist der üppige Garten das Ideal und weder Kosten noch Mühe werden gescheut, um auch noch dem schwersten Lehmboden eine blühende Vielfalt zu entlocken.

Ganz anders hingegen im Überfluss der Tropen: hier gilt der strenge und formalistische Garten als schön.

Spiegelt der Garten also immer das wider, was man nicht hat und nur mit viel Einsatz erwerben kann? Entlockt nur das, was die Natur nicht freiwillig schenkt die Bewunderung der Betrachter? Kitzelt nur das den Gestaltungswillen des Gärtners oder der Gärtnerin?

 

Schwierige Frage, es gibt ja auch die Gärtner, die nur sanft eingreifen und zuschauen können, was der Boden freiwillig hergibt. Die jene Pflanzen wachsen lassen, die von alleine sprießen und Flugsamen nicht für eine persönliche Beleidigung halten. Die sich über Giersch als Salatzutat freuen und einsehen, dass man gegen diese Pflanze sowieso nur verlieren kann.

 

Eva Demski wirft einen Blick auf  die verschiendensten Typen von Gartenmenschen. Nicht hinter jeder höheren Hecke wohnt ein Misanthrop, nicht alle Paare müssen klare Grenzen ziehen, wenn sie sich im Garten nicht grässlich in die Haare kommen wollen und nicht alle Intellektuellen ohne Gartenliebe verachten jene, die sich dieser Leidenschaft hingeben ein wenig: aber grundsätzlich ist was dran an Demskis Überlegungen.

 

Sie beschreibt all diese Menschen so charmant, sie betrachtet sie wie verschiedene Spezies von Pflanzen, dass man gerne ihren Überlegungen folgt, ohne sofort diverse Nackenhaare aufzustellen oder sich zumindest ertappt zu fühlen. Denn die Autorin pflegt gerne die feine Ironie, die niemals beleidigend ist.

 

Gärten als Überlebende eines Krieges werden genau so in Demskis Gedanken über Hoffnung, Fortbestand und über ihre Fähigkeit, Trost zu spenden, einbezogen wie die Fragen nach der richtigen Behandlung des Sempervivum oder der allesverschlingenden Clematis Montana Rubens.

 

Man lernt das eine oder andere über ganz bestimmte Pflanzen, viel mehr lernt man aber, genau hinzusehen.

Der "glückliche Garten" sieht ganz anders aus als der "Geizgarten", der Vorgarten kann eine "Umarmung oder Abwehr, Gleichgültigkeit oder Angeberei, Unter- oder Übertreibung, blinde Gefolgschaft für allerlei Moden" sein - man öffne beim nächsten Stadt-oder Dorfspaziergang seine Augen.

 

Natürlich werden auch große Gärtner(innen) erwähnt, allen voran Vita Sackvill-West. Aber auch gänzlich unbekannte, wie Demskis viel ältere Freundin Anni, die einen ganz eigenwilligen Verbund zu ihrem Garten hatte. Und von der sie lernte, was Abschied nehmen heißt. 

"Der Garten meiner Mutter", gleich die erste Geschichte, erzählt viel über den Charakter der Mutter und den Umgang der Autorin mit Erinnerungen, ist der Garten an sich doch eine "Erinnerungssammlung".

 

Schön auch die Gedanken zu den Zwecken, denen ein Garten dient: ein Garten, in dem philosophiert wird wie in dem des Epikur, braucht schattige Wege, denn es denkt sich gut im Gehen. Er braucht aber auch hier und da eine Bank, denn wenn der Gedanke zu einem Schluss gebracht wird, setzt der Denkende sich doch gerne hin, am besten unter einen großen Baum.

Der in großen Räumen denkende Gartenarchitekt ist dagegen jederzeit bereit, auch die prächtigsten und ältesten Bäume zu opfern, wenn sie der Sichtachse im Weg stehen - über die Frage, wie weit die Natur der Kultur untergeordnet werden soll, gab und gibt es über die Jahrhunderte hinweg erbitterten Streit.

 

Demski entfaltet in ihren Geschichten ein vielseitiges Tableau mit Blicken in die Vergangenheit und ihre vorbeigezogenen Moden, auf die politischen Aussagen von Gärten und Gartenanlagen, in die Köpfe und Herzen der Gärtner, auf die Signale, die Gärten aussenden und die Toleranz, in der man sich angesichts ihrer Vielfalt üben kann.

Ganz abgesehen von alle dem: in allen Kulturen wird das Paradies als ein Garten imaginiert, wo sonst könnte man ewig glücklich sein?

 

Die Geschichten sind wie ein Garten selbst: sie zeigen, verbergen, regen an, beruhigen, stimmen nachdenklich und fröhlich, ordnen ein und geben Gelassenheit.

Ein Buch nicht nur für Gartenliebhaber.

 

 

 

 

 

 

Eva Demski: Gartengeschichten

Insel Verlag, 2010, 233 Seiten

Taschenbuch: Insel Verlag, 2011, 235 Seiten