Wilhelm Hauff (Text) & Christian Sobeck (Illustration) - Das kalte Herz - Ein Märchen aus dem Schwarzwald

Dieses "Märchen aus dem Schwarz-wald" ist eines der populärsten des Dichters Wilhelm Hauff (1802-1827).

Es erschien im "Märchenalmanach auf das Jahr 1828 für Söhne und Töchter gebildeter Stände" und fand seinen Weg in die Welt. Als eines der wichtigsten Kunstmärchen der Romantik, mit seinem dunklen, mysteriösen Unter-grund, verzaubert es bis heute.

 

Es ist in vielen verschiedenen Ausgaben erschienen, nun gibt es eine besonders originelle.

Die Bögen sind so gefaltet, dass man jede Seite in sich noch einmal umblättern muss, dabei entfaltet sich bei jedem blättern ein Bild. Sie stammen von Christian Sobeck, der sich für eine schwarz-weiß-Gestaltung entschied, die perfekt zu diesem düsteren Märchen passt.

Er hat mit dem Pinsel gemalt, die Strichführung ist so zart wie plastisch, sie tritt in einen Dialog mit den Worten und verleiht der Geschichte so eine weitere Dimension.

 

Die Geschichte: Der Köhlersohn Peter Munk, genannt der Kohlenmunk-Peter, ist nicht zufrieden. Er hat wenig Geld, mit dem vom Vater übernommenen Handwerk wird er niemals ein Leben führen können wie die Flößer, die das im Schwarzwald geschlagene Holz den Neckar und Rhein hinab Richtung Holland bringen. Und auch nicht wie die Holzfäller, stramme Burschen, die ebenfalls deutlich mehr verdienen als er. Wie soll er zu Geld und damit Ansehen kommen?

 

Er erinnert sich des Glasmännleins, einem Waldgeist, dem er dann auch tatsächlich begegnet. Da er den richtigen Spruch sagt, hat er drei Wünsche frei. Doch leider denkt Peter zu kurz: er wünscht sich Geld und Tanzkünste, später eine Glashütte. Hätte er sich Verstand gewünscht!

Seinen Reichtum hat er bald durchgebracht, Hilfe verspricht er sich von einem anderen Waldgeist, dem Holländer-Michel. Dieser vertritt den Part des Bösen: er gewährt ihm viel Geld, doch der Preis ist hoch. Er verlangt Peters Herz.

 

Mit einem Stein anstelle eines Herzens lebt es sich anfangs wunderbar. Peter empfindet weder Leid noch Mitleid, er gibt sich ganz dem Vergnügen und Müßiggang hin. 

Doch er empfindet eben auch keine Freude mehr, das Leben wird ihm fad, es ist kein Leben mehr.

Der Holländer-Michel rät ihm, sich eine Frau zu suchen, um die Langeweile zu vertreiben. Peter entscheidet sich für Lisbeth, ein tugendhaftes Mädchen aus einfachem Haus.

Im einem Wutanfall erschlägt er sie, die Macht des Bösen hat vollends Besitz von ihm ergriffen.

 

Doch es gibt Heilung für Peter. Er begreift, was er getan hat und dass ihm das ewige Höllenqualen bescheren wird.

Mit Hilfe des Glasmännleins luchst er daraufhin dem Holländer-Michel sein Herz ab, nun kann er bereuen.

Und sowohl Lisbeth als auch seine Mutter, die er zuvor mit Almosen abgespeist hatte, verzeihen ihm.

Er findet zurück auf den rechten Weg, begnügt sich mit einem einfachen und anständigen Leben.

 

"Sie wollen dir verzeihen, sprach das Glasmännlein, weil du wahre Reue fühlst, und alles soll vergessen sein. Zieh jetzt heim in deines Vaters Hütte, und sei ein Köhler wie zuvor; bist du brav und bieder, so wirst du dein Handwerk ehren, und deine Nachbarn werden dich mehr lieben und achten, als wenn du zehn Tonnen Goldes hättest."

 

Wilhelm Hauff war ein promovierter Theologe. Er durchlief die schwäbische Schule, die so viele bekannte Dichter absolvierten: Lateinschule, Klosterschule, das Tübinger Stift. Er war Hauslehrer und Redakteur des Cottaschen "Morgenblattes für gebildete Stände", eine der maßgeblichen Schriften der damaligen Zeit.

 

In seinem Märchen "Das kalte Herz" greift er auf ein bekanntes Motiv zurück. So, wie Goethes Faust einen Pakt mit dem Teufel schließt und ihm seine Seele verkauft, oder Chamissos Peter Schlehmil seinen Schatten gegen einen Sack Gold eintauscht, überlässt der junge Köhler sein Herz dem bösen Geist gegen Geld. Mit dem Geld ist immer das Ansehen verbunden. Kritik an dieser Verknüpfung macht Wilhelm Hauff auch dadurch deutlich, dass in der Sammlung von Michels Herzen, die alle ordentlich mit Namens-schildern versehen sind, die Herzen einiger wohlhabender und angesehener Männer der Gegend verwahrt werden. 

 

Auch der protestantisch-pietistische Gedanke, wonach stets der schmale, sprich mühevolle, und nicht der breite, bequeme Weg zu wählen sei, drückt sich in diesem Märchen aus.

Der Mensch soll sich an der Bibel orientieren, Barmherzig-keit üben, demütig sein. Die Todsünde Faulheit, gerne in das Sprichwort "Müßiggang ist aller Laster Anfang" gekleidet, zusammen mit Gier und Überheblichkeit führen auf direktem Weg in die Hölle. Dieser entgeht Wilhelm Hauffs Peter Munk durch den Beistand des guten Geistes und die Großmut der beiden Frauen, ohne ihr Verzeihen wäre er unrettbar verloren gewesen.

 

"So lebten sie still und unverdrossen fort, und noch oft nach-her, als Peter Munk schon graue Haare hatte, sagte er: Es ist doch besser, zufrieden zu sein mit wenigem, als Gold und Güter haben und ein kaltes Herz."

 

Christian Sobeck begleitet das Märchen, indem er dessen Szenen aufnimmt: den rauchenden Kohlenmeiler, die stürmische Nacht, in der Peter das Glasmännlein aufsucht, Flößer, Schlange und Auerhahn, die Erscheinungsformen von Böse und Gut, den geschlagenen Mann, vom Leben und vom Würfelspiel gebeugt, das steinförmige Herz, Peitsche und Blitz und vieles mehr und immer wieder den Wald.

Dieses Mysterium trägt das ganze Märchen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wilhelm Hauff (Text) & Christian Sobeck (Illustration):

Das kalte Herz - Ein Märchen aus dem Schwarzwald

8 grad verlag, 2023, 102 Seiten, Hardcover