Ilija Trojanow - Gedankenspiele über die Neugier

Der Literaturverlag Droschl hat eine neue Reihe kreiert: "Gedankenspiele über". Bislang sind vier Titel erschienen: "Glück", "Mut", "Neugier" und "Kompromiss". Für alle Bände, denen im nächsten Jahr "Gelassenheit", "Faulheit", "Gelassenheit" und "Eleganz" folgen werden, konnten namhafte Autoren gewonnen werden - für die "Neugier" den unvergleichlich neugierigen Ilija Trojanow!

 

Der Autor, Publizist und Übersetzer wurde 1965 in Sofia geboren, wuchs in Nairobi auf, studierte in München, lebte jahrelang in Bombay, dann in Kapstadt, seit 2008 ist er in Wien zuhause.

 

Die Neugier scheint ihm keine Ruhe gelassen zu haben - räumliche Veränderungen sind keine Voraussetzung, diese zu befriedigen, aber neugierige Menschen wagen sich eher

in die Welt hinaus. 

 

So beginnt Ilija Trojanow seinen Essay über die Neugier auch mit der Reise von drei Priestern in den Orient: sie haben wichtige Fragen an Nasreddin Hodscha. Dessen Antworten sind sehr rätselhaft - wohl nicht alle Fragen lassen sich beantworten, aber sie nicht zu stellen, wäre sicher der falsche Weg. Falsch jedoch wäre auch, die Antworten ohne Skepsis unhinterfragt entgegen zu nehmen.

 

Beispiel neugieriger Menschen ist dann das imaginierte freundliche Ehepaar Gier, kürzlich erst in die Nachbarschaft gezogen. Unglaublich, was die beiden alles wissen wollen.

Kippt Neugier irgendwann?

"Ab wann wird Neugier maßlos?"

 

Diese beiden Auftakt-Erzählungen ebnen den Weg für eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Neugier.

 

Auf engem Raum setzt sich Ilija Trojanow mit der Unter-drückung von Wissen, den Wissensmonopolen der Religionen und Regierungen, den verschiedenen Erklärungen des Begriffs zu unterschiedlichen Zeiten (nachzulesen beispielsweise in alten Wörterbüchern) auseinander. Er erläutert die diametral entgegengesetzten Herangehensweisen und Ansprüche von Brockhaus und Wikipedia, macht eine kleine Exkursion zum "Vorwitz" und der Herkunft der Bezeichnung als "Nullachtfünfzehn" -

das muss man nicht wissen, wie vieles andere auch nicht, aber es erweitert den Horizont.

Neugier führt vom Hölzchen aufs Stöckchen, ist die Grundlage der geistigen Weiterentwicklung.

 

"Neugier offenbart, wie sehr die Abbildung einer eindimen-sionalen Wahrheit täuscht; stattdessen weist sie uns ein in die vielschichtige, ambivalente und gelegentlich in sich widersprüchliche Realität."

 

Trojanow lässt die großen Philosophen sprechen, er spricht aber auch von sich selbst und der eigenen Erfahrung.

Diese schöne Mehrgleisigkeit beugt der Eindimensionalität vor, bewahrt vor trockener Theorie, nimmt die LeserInnen mit, unterhält, macht Lust auf Neugier, auf Nach- und Weiterdenken. 

 

Der letzte Satz des wunderbaren Buches lautet:

"Neugier ist das Salz des Tagtraums, ein Vektor, der in die Zukunft weist, in Richtung Utopie..."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ilija Trojanow: Gedankenspiele über die Neugier

Literaturverlag Droschl, 2020, 56 Seiten