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August 2015

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Dörte Hansen: Altes Land

Vera flieht mit ihrer Mutter 1945 aus Ostpreußen. Sie stranden im Alten Land, Vera bleibt ihr Leben lang auf dem Hof. Sechzig Jahre später findet ihre Nichte Anne mit ihrem Söhnchen einen Unterschlupf bei ihr, nachdem sie ihr Leben im hippen Ottensen nicht mehr aushält. Aus dem Unterschlupf wird ein Zuhause, aus den beiden Frauen so etwas wie eine Familie. Hansen stellt die Frage: Was ist Heimat? aus einer alten und einer modernen Sicht und gibt eine vielschichtige Antwort.

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Christine Wunnicke:

Der Fuchs und Dr. Shimamura

Der junge Dr. Shimamura reist Ende des

19. Jahrhunderts nach Europa, um seine Kenntnisse der Nervenheilkunde zu vertiefen. Und auch, um sich von dem Fuchs zu befreien, der ihn befallen hat.

Die Diagnose "Fuchsbesessenheit" ist jener der "Hysterie" sehr ähnlich, in Orient und Okzident ist diese "Krankheit" gerade sehr in Mode. Die Reise ist, wie das ganze Leben, ein großes Abenteuer für den Herrn Doktor, der Vielem nur entgeistert zusehen kann. Dieser wunderbar märchenhafte Roman, der die Erinnerungen Dr. Shimamuras sehr poetisch aufzeichnet, widmet sich großen Themen: Sexualität, Wissenschaft, Mentalität - dargestellt durch diesen sympathisch-naiven Arzt und dem vierbeinigen Protagonisten mit dem schönen Fell.

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Francis Wyndham: Der andere Garten

England, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Der junge Erzähler lernt die neue Nachbarin Kay kennen, sie ist schon in den Dreißigern, lebt aber noch bei den Eltern. Diese verachten sie, denn Kay fügt sich nicht in die Konventionen der gehobenen Schicht auf dem Land. Die beiden werden Freunde und erleben zusammen, aber doch jeder auf seine Art, den Untergang der alten Welt.

Symbol für diese ist der andere Garten, der zu Beginn schon nicht mehr modern, aber gut gepflegt ist - am Ende ist nicht mehr viel übrig von dieser "wohlgeordneten Schöpfung".

Ein Roman von großer Tiefe, erzählt mit britischem Understatement, das der Phantasie des Lesers viel Raum lässt.

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Ralf Rothmann: Im Frühling sterben

Als Siebzehnjährige werden Walter und Fiete, zwei Melkerlehrlinge aus Norddeutschland, im Februar 1945 zwangsrekrutiert, zur Waffen-SS.

Wochen später treffen sie sich in Ungarn wieder, Fiete liegt im Lazarett. Kurz darauf versucht er zu desertieren, wird gefasst und soll erschossen werden. Walter verwendet sich beim Kommandanten für seinen Freund, erfolglos. Er wird einer derjenigen sein, die den Karabiner auf Fiete anlegen. 

In diesem Roman, der vollständig ohne Kriegsromantik auskommt, vereinigen sich eine realistische Beschreibung der Geschehnisse und Zustände mit einer in poetischer Sprache sich manifestierenden Sympathie des Autors für seine tragischen Helden.

Dieser Roman könnte ein Klassiker der Antikriegsliteratur werden - Klang, Form und Inhalt bilden eine Einheit,

das Gespräch Walters mit Kommandant Domberg veranschaulicht sehr konzentriert Kälte, Perversion und Zynismus der Mächtigen.  

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