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Januar 2019

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Ralf Thenior: Das bulgarische Gefühl

Reisebilder aus Plovdiv und vom Schwarzen Meer

Im Jahr 1996 verbringt der Dichter Thenior einige Zeit als Stadtschreiber in Plovdiv, Bulgarien. Diese Stadt ist 2019 Kulturhauptstadt Europas - die Lektüre der poetischen Miniaturen Theniors führen in die Stadt, als sie sich in der Übergangsphase vom Kommunismus zum Kapitalismus und zur Demokratie befand. Die gedämpfte Stimmung der unsicheren Zeit bildet den Hintergrund für die Spaziergänge und Streifzüge, die Begegnungen mit Menschen und Orten, das Eintauchen in die fremde Sprache mit ihrer unbekannten Schrift - die Texte geben viele Eindrücke, die vom Leser zu einem Bild zusammengefügt werden wollen. Schön ist die Ruhe der Betrachtung und die Unvoreingenommenheit des Betrachters. Es ist ein vorsichtiges Betreten von Neuland.

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Colette: Mitsou

Ein kleiner, bezaubernder Roman,

der auf kaum hundert Seiten eine Liebesgeschichte aus dem Paris des Kriegsjahres 1917 erzählt. Dialoge aus der Theatergarderobe, innere Monologe, die Stimme des Erzählers und vor allem wunderbare Briefe, einzigartig in ihrer Leichtigkeit, Ironie, Verspieltheit, Zeigen-und-Verbergen und gleichzeitiger Tiefe, machen aus ihm einen Roman,

der die Herzensbildung und die Würde einer einfachen Mademoiselle in Szene setzt. Himmelblau und melancholisch - so lässt sich die Geschichte am besten charakterisieren.

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David Bosc: Ein glückliches Exil

Courbet in der Schweiz

Der Maler und Kommunarde Gustav Courbet verbringt die letzten vier Jahre seines Lebens im Schweizer Exil.

Er kann dort all das tun was er liebt: malen, baden, trinken, prassen, feiern. David Bosc rückt seinem Protagonisten zu Leibe, er spürt die Quellen auf, die die Malerei speisen, er entwirft ein Leben, das sich nicht bremst, das sich ins "Grosse Ganze" wirft, das die Freiheit des Lebens darin findet, sich selbst zu regieren. Bosc eröffnet einen neuen Blick auf den Maler, der den Realismus "erfand".

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Willi Wottreng: Ein Irokese am Genfersee. Eine wahre Geschichte

Deskaheh, Chief der Irokesen und Sprecher der Six Nations, reist 1923 nach Genf, um die Rechte seines Volkes gegen Kanada durchzusetzen.

Mehr als ein Jahr verbringt er in der Schweiz, begeistert seine Zuhörer für die Sache der "Rothäute", doch politisch erreicht er nichts, denn der Völkerbund interessiert sich nicht für die Angelegenheiten eines kleinen Volkes, das nach seiner Ansicht auf kanadischem Gebiet lebt.

Die wahre Geschichte rückt ein Ereignis in den Mittelpunkt, das im Kern von der sehr unterschiedlichen Auslegung des Begriffes "Demokratie" handelt und von der Macht des Stärkeren. Einer Stärke, die nicht zuletzt auf Reichtum und der Bereitschaft zur Gewalt gründet, und heute so lebendig ist wie in den 1920er Jahren.

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Ursula Muscheler:

Mutter, Muse und Frau Bauhaus

Hier steht nicht der Direktor des Bauhauses im Mittelpunkt, sondern fünf Frauen, deren Leben und Geschick eng mit Walter Gropius verknüpft waren. Alle, bis auf die Mutter Manon, versuchten, ein eigenes Leben als Künstlerin zu führen, brachen auf, fügten sich jedoch nach Rückschlägen wieder in die alten Rollenmuster ein. Als "Übergangsgeschöpfe" sind sie jene, die nicht in der vordersten Reihe der Feministinnen stehen, aber genau das macht sie heute noch so interessant. Denn ein Übergang in die Zukunft kann sich in einen Rückfall in die Vergangenheit umkehren. 

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