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Juli 2017

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John Banville: Im Lichte der Vergangenheit

Der Schauspieler Alex, seine Filmpartnerin Dawn, Cass, Alex´Tochter, die vor zehn Jahren Selbstmord beging, sowie sein Jugendfreund Billy und dessen Mutter

Mrs. Gray, die vor fünfzig Jahren seine Geliebte war, sind die Personen, die diese Geschichte zum Leben erwecken. Sie stehen für drei Zeitebenen: die Gegenwart,

die nahe und die ferne Vergangenheit. Diese webt Banville sehr geschickt ineinander und stellt die Frage nach den Erinnerungen, die vielleicht nichts anderes als Erfindungen sind? Aus wie vielen Personen besteht ein Mensch?

Diese Fragen werden nicht theoretisch durchdekliniert, sondern in einer Geschichte, die mit vielen Puzzleteilen und Überraschungen  aufwartet, durchgespielt, sehr lebendig und sehr vielschichtig.

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Fiona Kidman: Jean Batten, Pilotin

Jean Batten war die "Garbo der Lüfte": eine sehr attraktive junge Frau, die in den 1930er Jahren diverse Flugrekorde aufstellte, die z.T. jahrzehntelang Gültigkeit hatten. Sie wurde in Neuseeland geboren, nach der Trennung ihrer Eltern lebte sie - stets zusammen mit der Mutter Nellie - in sehr bescheidenen Verhältnissen.

Nur ein eiserner Wille und unglaubliche Kraftanstrengungen ermöglichten ihr die Erfolge, die sie in den Himmel der Stars katapultierte. Für einige Zeit. Dann war sie nur noch in Fliegerkreisen bekannt, lebte auf Jamaika, Teneriffa, immer wieder in England, eine Rückkehr nach Neuseeland verlief eher ernüchternd - ihr unruhiger Geist trieb sie durch die Welt. Sie hatte nie eine eigene Familie gegründet, bis zum Tod Nellis mit fast neunzig Jahren war die Mutter ihr Anker. Auch dieses Verhältnis war nicht ganz unproblematisch, doch eines ist gewiss: Nellie glaubte immer an ihre Tochter und verbarg alle Ängste, die mit den Rekordflügen ihrer Tochter verbunden waren. Ein ungewöhnliches Leben, voller Abenteuer und auch großer Einsamkeit - Fiona Kidman hat das alles in ihrem Roman sehr anschaulich und mit großer Sympathie für ihre Heldin beschrieben.

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J.L. Carr: Ein Monat auf dem Land

Tom Birkin begibt sich im Sommer 1920 in das nordenglische Dorf Oxgodby, um dort das mittelalterliche Wandgemälde in der Kirche zu restaurieren. Birkin hat die Hölle des Krieges in Flandern erlebt, seine Frau hat ihn verlassen - er ist auf der Suche nach einem Neuanfang. Er wird sehr warmherzig im Dorf aufgenommen und er erkennt schnell, dass das Gemälde ein Meisterwerk ist. Er findet Erfüllung in seiner Arbeit, befreundet sich mit Moon, der die gleiche Vergangenheit hat wie er selbst und Ausgrabungen um die Kirche herum ausführt, und er verliebt sich. Ein bisschen erscheint ihm sein Leben wie ein Traum, der dann auch eines Tages endet und Birkin weiterziehen lässt. Die Geschichte ist reich an Bildern und vor allem bevölkert von individuellen Charakteren, die den ruhigen Fluss der Erzählung an keiner Stelle langatmig werden lassen. Der Leser wird mitgenommen in dieses Dorf und Leben, er kann selbst zur Ruhe kommen, später zurückblicken und, wie Moon zu Birkin, sagen: "Ich weiß nicht, ob Sie es selbst schon bemerkt haben, aber Oxgodby hat Sie irgendwie wieder zurechtgebügelt."

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Elena Ferrante:

Die Geschichte eines neuen Namens

Aus Lila Cerullo wurde Lila Carracci, Ehefrau und Eigentum von Stefano Carracci. Lila hätte sich beugen und fügen müssen, doch das ist nicht ihr Naturell. Diverse Male fängt sie neu an, krempelt ihr Leben um, nimmt sich Freiheiten, die ihr nicht zustehen.

Und bezahlt teuer dafür.

Elena ist sehr erfolgreich: sie verlässt die Welt des Rione,

legt ein Examen mit Auszeichnung ab, verlobt sich mit einem Akademiker. Sie könnte stolz sein, doch die Zweifel sitzen tief und nagen an ihrer Seele. Die Dualität und Rivalität der Lebensentwürfe der beiden Mädchen spiegeln die gesellschaftlichen Umstände der 1960er Jahre und sie leuchten tief in die Köpfe und Herzen zweier junger Frauen, die beide ausbrechen möchten, auf ganz unterschiedliche Arten. Und die beide ein großes Bedürfnis haben, ihre Geschichten und Gedanken nieder zu schreiben.

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