Marchesa Colombi - Ein Bräutigam fürs Leben

 

 

 Dieses Buch erschien erstmals 1885, geschrieben unter Pseudonym von der in Mailand lebenden und dort wohlbekannten Schriftstellerin und Malerin Maria Antonietta Torriani.

 

Sie schreibt die Geschichte der Gaudenzia Dellara, genannt Denza. Diese ist die zweite Tochter eines Notars, Halbwaise, da die Mutter im ersten Jahr nach ihrer Geburt starb. Sie lebt mit der Schwester und der Tante zusammen in einem bescheidenen Haus, der Vater verdient nicht sehr viel.

 

Die Tage verlaufen ziemlich ereignislos und gleichen sich vollkommen: Da der Vater ein Anhänger der "Bewegung ist immer gut"-Theorie ist, macht er zusammen mit den Töchtern täglich mehrere Spaziergänge, morgens, mittags und abends. Schule? Nein, die Mädchen werden unterwegs unterrichtet, der Vater erzählt ihnen klassische Sagen. Gelesen, geschrieben und gerechnet wird an Regentagen zuhause.

 

Denza ist vierzehn Jahre alt, da kommt eine Stiefmutter ins Haus, die zuerst ein wenig Leben mitbringt, dann aber sehr sparsam wird, in jeder Hinsicht. Einzig seltene Besuche bei den Kusinen bringen ein wenig Abwechslung in den Alltag. 

Denza entwickelt sich zu einem schönen Mädchen, das aber leider auch mit sechzehn noch die Frisur und die Kleidung eines Kindes trägt, alles andere wäre in den Augen der Stiefmutter Verschwendung.

 

Trotzdem schauen die jungen Männer nach Denza, die Kusinen sorgen dafür, dass ein klein wenig Austausch mit dem anderen Geschlecht stattfindet und so verliebt Denza sich und meint, wiedergeliebt zu werden.

Ganz selten sehen sich die jungen Leute, jedes Mal glaubt Denza, jetzt endlich mache der Angebetete einen Antrag, da erfährt sie schließlich nach zehn! Jahren, dass er heiratet - natürlich eine andere.

Mittlerweile ist sie ein "reifes Mädchen", die Schwester und die Kusinen sind längst unter der Haube und haben selbst Kinder. Und Denza? Die kann nicht mehr wählerisch sein weint sich an ihrem Hochzeitstag fast die Augen aus dem Kopf.

Da ergießen sich jahrelanges Warten, Hoffen und Träumen in einem Sturzbach.  Denn: wo ist nun die Liebe hin?

 

Diese an sich recht einfache Geschichte besticht durch die Art, wie sie geschrieben ist: sie ist mit ganz feiner Ironie erzählt. Es ist unglaublich köstlich zu lesen, wie Denza an ihren Liebsten denkt, den sie ja gar nicht kennt, denn im Grunde liebt sie auch nicht ihn, sondern das Verliebtsein. Der einzige Ausweg aus dem langweiligen Leben ist für Denza die Ehe, und so richtet sie ihr Denken darauf hin aus. Aber nicht etwa zielstrebig, sondern richtig naiv und ohne Finesse.

Alle Personen des Buches werden ehrlich und natürlich dargestellt, hier wird keine Schönfärberei betrieben, nicht um Verständnis oder gar Mitleid geworben, sie sind ganz "echt" und werden genau so unverschnörkelt beschrieben wie die Einrichtung des Salons.

 

Es ist ein schöner Roman für all jene, die gerne in Büchern flanieren und für die Ironie nicht das Gegenteil von Wahrhaftigkeit ist.

 

 

 

 

 

 

Marchesa Colombi: Ein Bräutigam fürs Leben

Aus dem Italienischen von Christine Gräbe

edition fünf, 2012, 144 Seiten

(Italienische Originalausgabe 1885)