Schön ist mein Garten - Ein literarischer Streifzug

Der Garten ist weit mehr als eine Fläche, die es zu bearbeiten gilt.

Er ist Sehnsuchtsort, Schreckens-ort, er ist der Garten Eden oder ein Irrgarten, er ist nützlich oder vollkommen unnütz und dient "nur" der Schönheit, er ist verschwenderisch und langlebig, schwindelerregend wechselhaft trotz aller Beständigkeit - und er

ist schon immer Gegenstand

der Kunst.

 

Kein berühmter Maler, der sich nicht des Gartens oder zumindest einzelner Gewächse angenommen hätte. Fulminante Ausstellungen zeigen immer wieder die Vielfältigkeit des Sujets und eine Rose ist beileibe nicht nur eine Rose.

 

Auch in der Literatur zieht sich die Gartendarstellung durch die Jahrhunderte.

Der vorliegende Streifzug durch den Garten, zusammen-gestellt von Christian Metz, geht thematisch vor.

In neun Kapitel hat er die unterschiedlichen Blickwinkel gruppiert - man fühlt sich an einen Gartenrundgang, der an diversen Gestaltungsideen vorbeiführt, erinnert.

 

Die Texte reichen vom Alten Testament mit der Darstellung des Sündenfalls, über Boccaccios Dekameron, über das Märchen "Rapunzel" bis hin zu Brechts "Kalifornischem Herbst".

 

Den wunderbaren Auftakt des Buches bildet

Hugo von Hofmannsthals  "Gärten."

Er vergleicht einen Garten mit einem Gedicht: egal, ob der Garten groß ist oder klein, ein jeder bietet die "Möglichkeiten der Schönheit." Wie dem Dichter die Worte, so stehen dem Gärtner die Pflanzen zur Verfügung, es gilt, sie klug und stimmig zu setzten, mit ihnen ein Gesamtwerk zu erschaffen. 

"Der Gärtner tut mit seinen Sträuchern und Stauden, was der Dichter mit den Worten tut: er stellt sie so zusammen, dass sie zugleich neu und seltsam scheinen und zugleich auch wie zum erstenmal ganz sich selbst bedeuten, sich auf sich selbst besinnen. Das Zusammenstellen oder Auseinanderstellen ist alles: denn ein Strauch oder eine Staude ist für sich allein weder hoch noch niedrig, weder unedel noch edel, weder üppig noch schlank: erst seine Nachbarschaft macht ihn dazu, erst die Mauer, an der er schattet, das Beet, aus dem er sich hebt, geben ihm Gestalt und Miene. Dies alles ist ein rechtes ABC ..."

 "...es gibt im Grunde nichts, was dem Dichten so nahesteht, als ein Stück lebendiger Natur nach seiner Phantasie umzugestalten..."

 

Mit diesem Stück, das unter der Kapitelüberschrift "Gartenkunst - Kunstgarten" steht, ist die Linie des Buches vorgegeben: der Garten wird zu dem, was er ist, durch den Gärtner, der hier seine Vorstellung in Wirklichkeit verwandelt. 

Der Garten des Schlaraffenlandes, "Sakrale Gärten" mit tiefgründigen Texten von Friedrich Schlegel, Gottfried Keller oder Rainer Maria Rilke, "Nutzgärten", zu denen auch der Garten des "Herrn von Ribbeck" Fontanes gehört oder Josef Weinhebers "Bauerngarten", der die ganze Vielfalt von Schönheit und Nützlichkeit in einem kleinen Gedicht beschreibt, "Gartenidyllen", in welchen Paare oder einsame Seelen sich ergehen, Gärten, die den Schauplatz berühmter, klassischer Liebesgeschichten wie "Romeo und Julia" bilden, bis hin zu "Kirchgärten" als Stätten des Todes, Parks als "Gärten ohne Grenzen" und dem Sonderfall des Gartens: "Irrgärten" - sie alle werden in Essays, Auszügen aus Romanen oder in Gedichten durchschritten.

 

Die Vielfalt der Sammlung ist beglückend, die Auswahl gelungen, der Leser hat keine Mühe, sich in die verschiedensten Gärten zu begeben und dort zu flanieren.

 

Schön ist, dass nicht ausschließlich tiefgründig gedacht, sondern auch augenzwinkernd betrachtet wird.

So in dem Gedicht "Im Park" von Ringelnatz.

Ganz romantisch berührt sieht ein Spaziergänger ein kleines Reh an einem kleinen Baum stehen, still und verträumt. Stunden später steht es immer noch in der selben Haltung an der selben Stelle, noch immer tief in sich versunken. Verwundert gibt der Spaziergänger dem Reh einen "kleinen Stips. Und da war es aus Gips."

 

Der Garten entsteht wie ein Buch, wie eine Geschichte oder ein Märchen nicht nur durch die Hand des Schöpfers, sondern in gleichem Maß durch die Augen des Betrachters.

Der sich manchmal an die Nase fassen sollte, ob er noch auf dieser Welt ist. Und genau diesen mäandernden Weg zwischen Wirklichkeit und Phantasie beflügelt ein Garten auf immer wieder wundersame Weise....

 

Zum Schluss sei das Wort J.W. von Goethe überlassen, der in sehr einfache Worte kleidet, was unsere moderne, mobile und polyglotte Zeit so heftig auf das Land oder zumindest in den Schrebergarten zieht:

 

 

Weit und schön ist die Welt, doch o wie dank ich dem Himmel 

Daß ein Gärtchen beschränkt, zierlich mein eigen gehört.

Bringet mich wieder nach Hause! was hat ein Gärtner zu reisen?

Ehre bringt´s ihm und Glück, wenn er sein Gärtchen versorgt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Schön ist mein Garten - Ein literarischer Streifzug

Herausgegeben von Christian Metz

Fischer Taschenbuch Verlag, 2009, 336 Seiten

Fischer Verlag (gebunden), 2014, 448 Seiten