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Mai 2016

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Michael Wildenhain:

Das Lächeln der Alligatoren

Anfang der siebziger Jahre macht der fünfzehnjährige Mattias Urlaub mit seiner Mutter auf Sylt. Dort lebt der behinderte Bruder in einem Heim.

Als Matthias Marta kennen lernt, eine Pflegerin des Bruders, verliebt er sich in sie. Jahre später trifft er sie in einem Seminar an der Uni wieder. Die alte Verliebtheit ist noch da, kurze Zeit werden sie so etwas wie ein Paar. Dass Marta einer revolutionären Zelle angehört, merkt Matthias spät, ob sie ihn vielleicht nur benutzt hat, fragt er sich ein Leben lang. Dieser komplexe, sehr interessant strukturierte Roman zeichnet über dreißig Jahre hinweg ein Leben auf, das zwischen größtmöglichen Polen schwankt. Der Junge aus

der Villa und die Terroristin, der Professor mit dem geistig behinderten Bruder, der Naziarzt: ihre Leben sind unauflösbar miteinander verwoben.

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Claudio Magris: Ein anderes Meer

Gerade mit seinem Studium der Altphilologie fertig geworden, wandert Enrico Mreule nach Argentinien aus.

Er verlässt seine Heimatstadt Görz bei Triest und er lässt den geliebten und verehrten Freund Carlo zurück. Dieser

ist der Fixstern in Enricos Leben und Denken. Nach einsamen Jahren als Cowboy kehrt Enrico 1922 zurück, Carlo lebt nicht mehr. Enrico wird Lehrer, er heiratet, schließlich zieht er sich in ein kleines Dorf an der Küste zurück.

Er lebt in Selbstbeschränkung und lässt das Jahrhundert an sich vorüberziehen wie ein Mann, der nicht das Leben sucht, sondern versucht, es zu verlieren.

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adriana altaras: titos brille

"Die Geschichte meiner strapaziösen Familie" - so der Untertitel - erzählt die Geschichte der Familie Altaras, die in den 1960ern aus Jugoslawien fliehen musste und in Gießen strandete. Nach dem Tod der Eltern hat die Tochter Adriana eine Mammutaufgabe zu bewältigen: sie muss die Wohnung, die seit 40 Jahren nicht mehr ausgemistet wurde, räumen. Aus Bergen von Papier stürzen Erinnerungen und Informationen auf sie ein, die aus einem schon ziemlich chaotischen Leben ein Karussell machen.

Das lässt sich nur mit ganz viel Witz und Chuzpe meistern. Außerdem hat sie einen westfälischen Ehemann, der ihre "jüdischen Neurosen" mit stoischer Ruhe erträgt...

Adriana Altaras bringt persönliche Erlebnisse und Gefühle, Einsichten und Zweifel wunderbar mit den Ereignissen der Zeitgeschichte unter einen großen Hut. Mal ganz nüchtern, dann wieder sehr bewegt und durchgehend mit sehr viel Humor und sehr guter Beobachtungsgabe. 

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Lilian Faschinger: Magdalena Sünderin

Die schöne Magdalena entführt einen Priester aus dem Pfingstgottesdienst heraus. Im tiefen Wald fesselt sie ihn an einen Baum und zwingt ihn, ihr zuzuhören. Sie legt eine lange Beichte ab und berichtet von den sieben Liebhabern, die sie ermordet hat. Doch im Lauf der Beichte wird aus der Sünderin (fast) eine Erlöserin, der Pfarrer erlebt Unerhörtes und der Leser kommt in den Genuss einer hintersinnigen Scheherazade, deren Dreh- und Angelpunkt die Leidenschaft ist.

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