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Mai 2017

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Johannes Bobrowski: Mäusefest

Zweiundzwanzig Erzählungen aus den Jahren 1962 bzw 1965, die auf die Zeit vor und während des Krieges zurückblicken. Die Personen in den Geschichten ahnen, was auf sie zukommt, der Leser weiß es.

Bobrowski erzählt von Menschen und Landschaften (dem Ostpreußen seiner Kindheit), von Bedrohung, Verlust und Verwüstung. Und dies in einer außergewöhnlichen Sprache, die präzise, bilderreich, poetisch und auch witzig ist.

Tief- und hintergründig sind die auf den ersten Blick so ruhigen Texte, in ihnen herrscht eine großartige Weite -

auch wenn sie in kleinen Dörfern und kleinsten Hütten angesiedelt sind.

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Michael Ondaatje und Serge Bloch:

Jasper braucht einen Job

Jasper, ein Dobermann, ist teuer.

Ein Job wäre prima, doch was könnte

er machen? Unverhofft bekommt

er ein Engagement bei einer Theaterproduktion des Stückes

"Caesar und Cleopatra" von G.B. Shaw. Jasper macht seine Sache gut, das Publikum liebt ihn, er wird zum Star. Leser/Zuschauer verfolgen seine Entwicklung vom Haustier zum Alphatier - und wie er am Ende einen ganz anderen Job bekommt. Einen weniger glamourösen, doch vielleicht einen mit Gehalt? Das 47. der "Tollen Hefte", dem auch ein Poster beiliegt, ist eine geballte Ladung an Farbe, die beredten Illustrationen Blochs unterstreichen den lakonischen Stil Ondaatjes kongenial. Herausgekommen ist eine perfekt in Szene gesetzte Geschichte, die nicht nur das Verhältnis von Mensch und Hund beleuchtet, sondern auch die Sorgen und Träume aller, die auf der Bühne des Lebens stehen.

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Octave Mirbeau:

Diese verdammte Hand

Georges, von seiner Familie als "Schwachkopf" bezeichnet, erkennt in der Begegnung mir Lucien, einem Maler, der unverkennbar die Züge van Goghs trägt, dass auch er ein Künstler ist. Er schreibt. Und er begleitet Lucien nicht nur, er ist ein Spiegel des Freundes, der dessen Leben und Leiden mit und an der Kunst aufzeichnet. Der Journalist, Kritiker, Romanautor und Anarchist Mirbeau geht hart ins Gericht mit der Gesellschaft, die jede Individualität unterdrückt.

Und er beschreibt die Qualen eines Künstlers, der, in seinen Augen, vergeblich versucht, sein Inneres in Farbe zu fassen. Formal ist der Roman ein wegweisender des ausgehenden

19. Jahrhunderts, denn er bricht mit der Erzähltradition des Naturalismus. Gedanklich nimmt er den Existenzialismus vorweg.

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Lynne Sharon Schwartz:

Alles bleibt in der Familie

Eine Großfamilie in New York, die vor Augen führt, wie moderne Vielfalt Platz finden kann in der altmodischen Struktur "Familie". Dass diese Familie funktioniert (mit viel und auch ungewöhnlichem Patchwork), ist vor allem Bea zu verdanken, die mit ihrem großen Herzen dafür sorgt, dass alle aufgenommen werden und ihren Platz an der Tafel finden. Sie ist jetzt fünfzig, erzählt werden die zehn Jahre zuvor,

mit all den Umbrüchen und Veränderungen, mit ihren Suchbewegungen, Kreisen und Mäandern der einzelnen Familienmitglieder (und das sind wirklich viele).

Diese Familiengeschichte ist ein Plädoyer für die Vielfalt,  

die Großzügigkeit, das Miteinander. Und witzig ist sie dazu, scharf beobachtet und feinsinnig geschildert.

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