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MÄRZ 2021

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Máirtín Ó Cadhain: Der Schlüssel

J., der Papierbeauftragte, wird in seinem Büro eingeschlossen, es gibt keinen Ausweg. Die in einem irischen Amt spielende, 1967 erschienene Novelle könnte sich in Überall oder Absurdistan zutragen, denn obwohl Bedienstete und Beamte jeder Ebene bis zum Minister damit beschäftigt sind, gelingt es nicht den Eingeschlossenen zu befreien. Es gibt keinen Präzedenz-fall. Die Satire glänzt durch einen ausgefeilten Stil, entwickelt einen starken Sog - und ist heute so aktuell wie bei ihrer Entstehung. 

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Julius Thesing: You don´t look gay

Der Autor und Illustrator Julius Thesing widmet sich dem Thema der Homosexualität und Homophobie auf mehreren Ebenen: Zahlen und Fakten, Zitate wichtiger Zeitgenossen, die Stimmungen und Strömungen verdeutlichen und seinen eigenen Erfahrungen. Mit prägnanten Bildern und eben solchen Texten findet er einen guten Weg zwischen der persönlichen und der gesellschaftlichen Ebene.

Er verdeutlicht, wie tief Homophobie im Alltag verankert ist, wie konservativ manche Anschauungen auch aufgeschlosse-ner Menschen sind, wie gewagt immer noch ein Coming-Out ist. Das Buch ist eine Aufklärungsschrift, eine Aufforderung zum Nachdenken, ein Verweis auf Vielfalt, Selbst-bestimmung und Menschenrechte. Es ist für alle ab 12 und ich kann es nur heftigst empfehlen!

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Elizabeth Taylor:

Mrs Palfrey im Claremont

Einige ältliche Damen und ein Herr als Dauergäste in einem wenig attraktiven Hotel: dies ist das setting von Elizabeth Taylors feinem, von bestem englischem Humor getragenen Roman. Die Tücken des Alters, schwindende Freiheit, Einsamkeit prägen den Alltag, dieser wird jedoch mit Haltung ertragen. Erstaunlicherweise bringt dann doch jeder Tag ein kleines Abendteuer, für Mrs Palfrey nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sie stürzt, von einem jungen Mann aufgelesen wird und fortan mit ihm einen Enkel präsentieren kann - und zur Inspiration für seinen Roman wird. Plastisch, bilderreich, ironisch, und dabei sehr den Figuren zugewandt, schreibt Elizabeth Taylor (1917-1975), die hierzulande noch entdeckt werden muss, eine hintergründige Geschichte über ein Thema, das jeden angeht.

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Michael Maar:

Die Schlange im Wolfspelz

Was ist das Geheimnis großer Literatur? Dieser Frage geht Michael Maar ausführlichst nach, DIE Antwort gibt es freilich nicht, aber viele mögliche. Er klärt Stilfragen, beleuchtet vom kleinesten Teil, dem Buchstaben, bis zum großen Ganzen anhand unzähliger Textproben aus mehreren Jahrhunderten und den daraus gezogenen Erkenntnissen, alle Gattungen der Literatur. Er beschreibt in mehr als fünfzig Porträts Produzenten und Protagonisten, deren Vorlieben und Merkmale. Er tut dies alles nicht nur unglaublich kenntnis- und lehrreich,  er schreibt witzig, überraschend, anschaulich, mitunter stilparodierend. 

Das Buch ist ein Füllhorn für passionierte und professionelle LeserInnen, es wird ein Klassiker werden!

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Volha Hapeyeva: Camel Travel

Ein Kurzroman in 20 Geschichten aus dem Leben Volhas. Die Heldin und

Ich-Erzählerin teilt mit der Autorin Name, Alter und Herkunft, sie berichtet aus ihrer Kindheit in den 1980er und 90er Jahren in Weiß-russland. Mit großer Kunst - eine solche ist die Leichtigkeit mit der sie erzählt - bringt sie persönliche Erlebnisse, den Zeitgeist und ihre Schlüsse, die sie aus all dem Erfahrenen zieht, in Einklang. Ernst und Heiterkeit durchziehen den Roman, der das Debüt einer jungen Autorin ist, die etwas zu erzählen hat.

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