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Mai 2025
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Lutz Rathenow: Trotzig lächeln und das Weltall streicheln - Mein Leben in Geschichten
Anlässlich des 70. Geburtstags des Dichters, Prosaautors und Journalisten erschien 2022 diese wunderbare Sammlung von Texten. Sie gibt einen guten Eindruck von der Bandbreite und Vielfalt, von der Haltung und Denk-weise, vom Stil und der Gewitztheit des Freigeists Lutz Rathenow. Das Buch ist eine Zeitreise, es ist aber auch ein Beispiel für die Eigenschaft des humanis-tischen Humors, die leider viel zu selten ist.

Ralf Rothmann:
Museum der Einsamkeit
In neun Erzählungen widmet sich Ralf Rothmann den Themen Sprache, dem Unvermögen, miteinander zu sprechen, den vielen Möglichkeiten, aneinander vorbei zu reden und der daraus erwachsenden Einsamkeit. Jede Erzählung hat ihren Schwerpunkt, führt in eine andere Un-Tiefe der (Nicht)Kommunikation. Der Autor selbst nutzt dabei sämtliche Möglichkeiten, die die Sprache bietet. Er schreibt so genau und präzise wie einfühlsam, legt das Nicht-Sagbare zwischen und in das Gesagte, er erzählt vom Innersten und der "Wahrheit hinter der Wahrheit", dass die Erzählungen, die konzentrierten Romanen gleichen, sehr lange Schatten werfen. Man liest sie nicht durch und legt sie dann beiseite, dafür sind sie zu erschütternd.

Ralph Roger Glöckler:
Ein roter Straßenkreuzer
Auf Basis der biblischen Figur Abraham entwickelt Ralph Roger Glöckler die Geschichte eines religiösen Wahns, eingebettet in die politische und gesellschaftliche Situation der USA nach dem 11. September. Die niedergeschlagene Stimmung nach den Anschlägen drückt aufs Geschäft: Abram kann seinen Gebrauchtwagenhandel und die Werkstatt kaum über Wasser halten. Er hört plötzlich die Stimme seines Vaters oder Gottes (diese fallen zusammen), die ihm einen ungeheuerlichen Plan eingibt und einen absurd hohen Preis dafür verlangt. Abram geht darauf ein. Der Autor verknüpft Religion, Politik, Wirtschaftslage und das Gefühlsleben eines Unzufriedenen zu einer beeindruckenden und grausig aktuellen Geschichte.

Annett Gröschner:
Schwebende Lasten
Im Leben der Blumenbinderin und späteren Kranfahrerin Hanna, die 1913 in Magdeburg geboren wurde und acht Jahrzehnte später dort auch verstarb, spiegelt sich das ganze 20. Jahrhundert. Zwei Kriege, zwei Diktaturen, mehr schlechte als gute Zeiten erlebte Hanna, die sich niemals dem Schmerz ergeben, dem Druck nachgeben durfte, die weitermachte, weil sie Verantwortung trug. Deren einziger `Luxus´ die Liebe zu den Pflanzen war, unter denen sie sich oft weniger einsam fühlte als unter Menschen. Annett Gröschner erweckt in ihrem Roman eine Frau zum Leben, die zu den sogenannten kleinen Leuten gehört, und die Ungeheures leistet. Er ist auch eine Wertschätzung aller Frauen, die mit dem zurecht kommen mussten, was das Leben ihnen vor die Füße warf.